Rhein - Radweg im September 2020

Von Rheinfelden bis Köln linksrheinisch den Rhein entlang 

 

 

Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah“. Getreu diesem Sprichwort wählte ich mir für 2020 den Rhein-Radweg aus. Denn nicht viele sonst können sich direkt von der Haustüre aus auf eine lange, sehr gut ausgeschilderte und zugleich wunderschöne geführte Radtour begeben. Ich entschied mich dabei für die linksrheinische Seite, da diese Route laut Beschreibung weniger Anstiege aufweist, auf besseren Wegen verläuft, und insgesamt die schönere Strecke sein soll. Das hieß, die ersten drei Tage radelte ich überwiegend auf der französischen, bzw. elsässischen Seite, auf dem „EuroVelo15 – Rheinradweg. Etwas Sorge bereitete mir dabei Corona, da nur zwei Tage vor dem Start das Elsass, und da besonders das Departement Bas Rhin, zum Corona Risikogebiet erklärt wurde und ich die ersten beiden Übernachtungen dort in Neuf Brisach und Straßburg eingeplant hatte. Aber da der Radweg fern von besiedelten Gebieten verläuft, stornierte ich kurzerhand nur diese beiden Übernachtungen und buchte dafür in Deutschland, unmittelbar über der Grenze. Das bedeutete zwar etwas längere Tagesetappen und mehrfacher Wechsel zwischen D und F, aber eben auch mehr Sicherheit. Zusammen wurden es 681 Kilometer, die ich in weniger als neuneinhalb Tagen erradelte.

Streckenführung: Die elsässische Route verlief größtenteils entlang des Rhein-Rhone Kanals und einem Teilstück des Rheins. Der Rhein Rhone Kanal ist ein schmaler Kanal, eingebettet in pure Natur und durch kleine Schleusen unterteilt. Ortschaften und Straßen lagen fast immer weit ab, so dass ich völlig ungestört dort radeln konnte. Meist auf Damm- oder Treidelwegen, nur hin und wieder auf verkehrsarmen Nebenstraßen. Ca. die Hälfte der Wege war asphaltiert, die andere Hälfte Sand- oder Kiesweg, oder sogar nur ein Trampelpfad. Sehenswert waren dabei noch einige Überresten der Verteidigungslinie Frankreichs im zweiten Weltkrieg, der Maginotlinie, wie Bunker, Panzer und Geschütze. Ab dem vierten Tag, wieder in D, und wieder auf der linken Rheinseite, konnte ich ebenfalls nur die Streckenführung loben. Wo es nur ging verlief der Radweg abseits von Verkehr, Industrie und Wohngebieten, und fast immer in grüner Natur und durch Naturschutzgebieten. Und die Wege selbst, hälftig entweder asphaltiert oder Kiesweg, liefen sehr häufig oben, oder neben dem Damm, oder direkt neben dem Rhein entlang. Und selbst wenn es sich nicht vermeiden ließ, und der Weg ein Industriegebiet streifte, war er ohne Gefährdung zu befahren. Auch die Wegmarkierung ließ nichts zu wünschen übrig. Nach kurzer Zeit hatte ich mich auf die verschiedenen Hinweisschilder „eingelesen“ und ganz selten nur stand ich einen kurzen Moment ratlos davor. Allerdings gab es sehr viele verschiedene Radwege, so dass man trotzdem aufpassen musste.

Route mit Übernachtungsorten
Route mit Übernachtungsorten

Kartenmaterial: Als Wegbeschreibung und Kartenmaterial dienten mir die beiden Bikline-Radtourenhefte "Rhein-Radweg 2 + 3“. Zusätzlich hatte ich noch eine App des Radweges auf dem Handy, welche mir wieder sehr große Unterstützung bot. Da die Tagesetappen diesmal teilweise recht lang waren, wollte und konnte ich mir keinen Umweg leisten. Wenn ich also mal unsicher ob des weiteren Wegverlaufes war, half mir die App zuverlässig weiter. 

 

Alternativrouten: Im Bikelineheft werden öfters für einzelne Streckenabschnitte Alternativrouten aufgezeigt. Anhand meiner Erfahrungen kann ich sagen, dass es sich meist lohnt, diese zu befahren. Ich entscheide das aber jedes Mal erst direkt vor Ort, abhängig vom Wetter, Kondition etc.. Allerdings mache ich mir schon bei der Planung entsprechende Notizen direkt in das Bikelineheft, damit ich diese Strecken später dann nicht übersehe. Bislang habe ich es auch meist nicht bereut. Auch diesmal nicht, obwohl die Strecken dann meist länger werden. 

 

Fahrzeiten: Die reine Fahrzeit lag am Tag zwischen 2,45 bis 5,45 Stunden. Unterwegs war ich insgesamt meist zwischen 6,5 und 8,25 Stunden. Ich fuhr zwar zügig, schaute mir aber viele Sehenswürdigkeiten an, und machte zwischendurch kleinere Pausen. Am letzten Tag mit nur 23 km, bummelte ich wo ich nur konnte, so dass er nicht hierunter fällt.

 

Unterkünfte und Verpflegungsmöglichkeiten: Es war nicht zu leugnen dass ich durch ein durch und durch touristisches Gebiet fuhr, mit entsprechenden Preisen für Unterkünfte, Speisen und Getränke. In den Hotels und Restaurants wurde stets streng auf die Corona-Maßnahmen geachtet. Unterwegs bot sich extrem selten eine Möglichkeit, etwas einzukaufen, besonders im Elsass. Ich hatte daher immer Müsliriegel, Kekse und genügend zu Trinken dabei.

 

Was mir nicht so gefiel: Bislang war ich auf all den Radwegen, die ich bereits gefahren bin, fast immer alleine unterwegs gewesen. Diesmal jedoch war der Radweg total „überlaufen“. Obwohl außerhalb aller Ferien in D, war eine Heerschar an Radfahrern, davon mind. 90 Prozent E-Bikefahrer, unterwegs. Das bedeutete, dass ich stets ganz rechts fahren musste, da ich ständig von ihnen überholt wurde. Ein entspanntes Fahren war dadurch kaum möglich. Alle Aufmerksamkeiten mussten dem Weg gelten, der manchmal auch schmal war. Besonders Entgegenkommende fuhren leider häufig nebeneinander, so dass ich wiederum ganz rechts fahren musste. Sich während des Fahrens die Gegend anzuschauen, war daher meist nicht möglich. Sehr schade. Ausnahme davon war der Teil im Elsass. Hier fuhren zwar auch viele Radler, aber lange lange nicht so viele wie auf dem deutschen Rheinweg. Tourenradler gab es jedoch im Elsass und in D nur wenige. Die meisten E-Biker hatten kein Gepäck dabei.

 

 

1. Radtag: Do., 03. Sept. 20: Rheinfelden (D) - Basel (CH) - Canal du Rhone au Rhin (F) - Blodesheim(F) - Breisach (D) (95 km)

Nun war es endlich wieder soweit. Alle Vorbereitungen abgeschlossen, die Packtaschen gepackt, das Fahrrad Einsatzbereit. Da ich wusste, dass dieser erste Tag der härteste und längste Tag sein würde, fuhr ich schon um kurz nach acht Uhr morgens auf dem am Haus vorbei führenden Rheinradweg los. Das erste Ziel war Basel. Diese Strecke war für mich ein Heimspiel, da ich sie oft fahre. Also auch diesmal kein Problem. In Basel selbst dann erst auf der rechten Rheinseite ca. 8 km nach Weil a. Rhein (D). Ich wollte unbedingt einmal dort über die Dreiländerbrücke (CH, D, F) fahren. Fertiggestellt 2006, ist sie mit einer Stützweite von rund 230 m die weltweit längste freitragende Fußgänger- und Radfahrerbrücke. Staunend darüber gefahren, und auf der anderen Seite war ich dann schon in Frankreich, im Elsass, auf der linken Rheinseite.

 

Auf einem nahezu perfekt ausgebauten Radweg ging es nun fast 16 km am Canal de Huningue schnurgerade entlang. Ziemlich am Anfang beginnt hier die Petite Camargue Alsacienne, ein Naturschutzgebiet mit Feuchtwiesen, Auwäldern und Trockenrasen. Und so war es einfach wunderbar, hier entspannt, bei inzwischen herrlichem Sonnenschein, entlang zu radeln. Der schöne Radweg wurde zwar hin und wieder durch Kies- oder Sandwege unterbrochen, aber immer nur kurz. Plötzlich aber hörte der Weg ganz auf, und ich wusste nicht weiter. Der Blick auf meine App sagte mir jedoch, dass ich richtig war, und ich mich so ohne Weg und Steg durch eine Grasfläche am Ufer des Kanals durchkämpfen sollte. Erstaunlicherweise ging das sogar ganz gut, nur einige Angler schauten etwas erstaunt. Es war aber alles o.k., denn nach vielleicht zwei Kilometern war der Weg plötzlich wieder da. Im Nachhinein denke ich, dass ich einfach eine kleine Brückenquerung übersehen habe, denn so weit ich mich erinnere, sah ich auf der anderen Kanalseite einen kleinen Pfad. 

 

Kurz vor der Schleuse Niffer entschied ich mich, die ca. 4 km längere Alternativroute links zu nehmen. Die Hauptroute (re) ging meist entlang von Straßen und durch Ortschaften, wohingegen die Alternativroute weiter am Canal du Rhone au Rhin entlang und später durch Wald führte. Ich hatte Recht daran getan, denn es wurden 27 km pures Genussradeln. In Blodesheim trafen beide Wege wieder zusammen. Und von da an hieß es immer direkt, oder nur etwas entfernt davon, an einer Straße entlang zu fahren. Zwar auf sehr guten Radwegen, aber so richtig Spass machte es nicht. Dabei kam ich auch durch Fessenheim, und erhaschte aus der Ferne einen Blick auf das vielumstrittene, wahrscheinlich bald stillgelegte Kernkraftwerk Fessenheim. 

 

Langsam wurde das Treten immer schwerer, es dauerte aber noch ca. 18 km bis ich, wieder über der Grenze, in Breisach (D), ankam. Breisach ist das Zentrum des Badischen  Weinlandes mit großen Sekt- und Weinkellereien und liegt am Kaiserstuhls. Bei der Durchfahrt bekam ich richtig einen Schock, wie überfüllt die Straßen und Lokale trotz Corona waren. Nach der herrlichen Ruhe den ganzen Tag hindurch war ich richtig froh, als ich meine Unterkunft "Kaiserstühler Hof" nach 95 km erreichte und mein Zimmer beziehen konnte. Ich hatte diesmal extra um ein ruhiges Zimmer gebeten. Nach dem Frischmachen, im Hoteleigenen Lokal lecker zu Abend gegessen, dann aber todmüde ins Bett.

 

 


2. Radtag: Fr., 04.09.20: Von Breisach (D) zurück nach F - Canal du Rhone au Rhin - wieder nach D - Marlen (82 km)

Trotz der langen Tour vom Vortag war ich putzmunter und freute mich auf den heutigen Tag. Auch wenn er wiederum lang werden würde, versprach er doch sehr schön zu werden. Laut Bikelineheft sollte es abwechslungsreich durch Felder, Wälder und Dörfer gehen, und fast immer Kanalbegleitend. Auch das Wetter sollte mitspielen. Also dann, rauf aufs Rad und los! 

 

Morgens lief die jahrelang eingespielte Routine 7 - 8 - 9 ab. Das hieß 7 Uhr aufstehen, 8 Uhr Frühstück und um 9 Uhr Abfahrt. So frühmorgens waren in Breisach noch keine Touristen, und ich konnte daher ungehindert durch die Stadt, über die Rheinbrücke und zurück nach Frankreich fahren. Dort, gleich nach der Brückenüberquerung, rechts auf der D52 bis nach Biesheim, wo ich wieder auf "meinen" Radweg, die "EuroVelo Route 15" traf. Von nun an war es eine wirklich wunderbare Streckenführung. Überwiegend asphaltierte Wege, in denen sich höchstens hin und wieder mal Wurzeln durch die Asphaltdecke bohrten. Das hieß dann langsam fahren, was bei der Umgebung aber eher ein Vorteil war. Wenn ich durch Felder fuhr raschelten nur die trockenen Blätter der Maisfelder und der Blick konnte re. bis zum Schwarzwald und li. bis zu den Vogesen schweifen. 

Ab Artzenheim begann schließlich die Fahrt am Canal du Rhone au Rhin. Es war einfach nur schön. Völlig verkehrsfrei und mitten in der Natur. 47 km lang durfte ich diesen wunderschönen Weg und das total entspannte Radeln darauf genießen. Auf dem Kanal 


schwammen Schwäne, hohe Bäume spendeten Schatten, und überall saßen Angler und hofften auf ihr sprichwörtliches Anglerglück. Hier traf ich auch auf Touren- oder Tagesradler. Beim Vorbeifahren flog von beiden Seiten ein "Bonjour" oder ein "Merci" hin und her, und schon fuhr jeder weiter. Zu Gesprächen kam es fast nie. Einzig bei den wenigen Pausen die ich machte hielt manchmal ein Radler, man grüßte kurz, fragte woher und wohin, dann aber ging es schon weiter. Bei den meisten war es wahrscheinlich auch die Scheu vor einer vermutlich fremden Sprache.

Ich hatte nur eine größere Pause gemacht und mich etwas abseits kurz ausgeruht, denn durch Fotografieren, Trinken etc. hielt ich ja sowieso oft kurz an. Das reichte, vor allem vor dem Hintergrund, dass auch die heutige Tagesetappe 


nicht zu kurz werden würde. Meinen Wasservorrat hatte ich aber aufgestockt. Ich hatte am Tag vorher eindeutig zu wenig unterwegs getrunken und musste dafür am Schluss mit heftigen Beinkrämpfen kämpfen. Aber man lernt ja dazu! Der Kanal wurde fast in regelmäßigen Abständen durch kleine Schleusen unterbrochen. Manche von ihnen sahen recht hinfällig aus, was den Schluss zu ließ, dass hier nicht allzu viele Boote entlangfuhren. Vereinzelt lagen alte Frachtkähne am linken Ufer, die zu Wohnbooten umgebaut worden waren. Viel mit Blumen geschmückt, und oft Wäsche auf einer Leine, boten sie ein schönes und irgendwie in die Landschaft passendes Bild. 

 

Kurz vor Straßburg, am Anfang von Illkirch-Graffenstaden, suchte ich mir dann einen Weg zurück nach Deutschland, da ich dort ja übernachten wollte. Die Europabrücke in der Nähe von "Fort Hoche" bot die Gelegenheit. Kurz nach Unterquerung der N 353 verlief quer eine Route "Piste des Forts", die in Richtung "Route de Fort Uhrich", und im weiteren Verlauf zu dieser Brücke führte. Also dort rechts abgebogen und Richtung Europabrücke gefahren. Die Überquerung für Radfahrer, bzw. die Wegführung dort, fand ich allerdings ziemlich verwirrend. Mein Navi zeigte nur immer, dass ich auf die andere Rheinseite müsste, aber wie kam ich dahin. Warum kann dort nicht einfach ein Schild "Deutschland" stehen, das würde alles enorm vereinfachen. Zu guter Letzt und kleineren "Irrfahrten", klappte es schließlich aber doch noch, und nach 82 km erreichte ich mein Tagesetappenziel, Marlen, wo ich im "Hotel Alte Post" übernachtete. Zum Abendessen musste ich in ein Lokal gegenüber gehen, dann aber war Schluss mit dem Tag, ich fiel um 21 Uhr ziemlich müde ins Bett. 177 km in zwei Tagen ist keine schlechte Leistung. Da durfte ich müde sein.

 

 

3. Radtag: Sa., 05.09.20: Marlen - Kehl - mit Fähre nach F - linksrheinisch weiter - Grenze nach D - Berg (Pfalz)  (84 km)

Meinetwegen hätte die Nacht ruhig länger dauern können. Nach zwei so langen Touren mussten meine Beine nämlich erst wieder in Schwung kommen. Aber es half nichts, nach einem guten Frühstück schwang ich mich daher wieder aufs Rad und fuhr in den dritten Tag hinein.

 

Der begann auf deutscher Seite. Die Strecke zurück nach F hätte einen Umweg von 8 km bedeutet, was mir aber zu viel war, denn die Tagesetappe war schon lang genug. Außerdem wollte ich ja Straßburg wegen der akuten Einstufung als Corona Risikogebiet meiden. Daher blieb ich erst einmal auf deutscher Seite, der rechten Rheinseite. Und zehn Minuten nach dem Aufbruch fuhr ich schon oben auf dem Hochwasserdamm Richtung Kehl. Es ging immer mal wieder runter vom Damm, kurz auf einer Straße weiter, dann wieder hoch, bis ich nach ca. 7 km Kehl erreichte. Gottseidank war Samstagmorgen und noch nicht viel Verkehr. Ich musste nämlich kreuz und quer durch die Stadt, bis ich erneut auf dem Radweg landete.

Hinter Kehl wartete schon wieder ein grobkörniger Sandweg oben auf dem Damm. Und leider auch ein ziemlich heftiger Gegenwind. Und um die Mittagszeit nutzten immer mehr Radler und Spaziergänger das Wochenende, um hier auf dem Damm frische Luft zu schnappen. Aber alles hielt sich dennoch in Grenzen. Unterwegs kam ich mit einer jungen Frau ins Gespräch, welche auch ganz alleine unterwegs war und zusätzlich noch zeltete. Da gehört Mut dazu. Respekt. Kurz danach, als es wieder einmal zum Damm hochfahren hieß, schaltete ich zu schnell, und die Kette sprang ab.  

Es war aber kein Problem, nach kurzer Zeit hatte ich sie wieder repariert. Während ich noch daran werkelte, kam ein gut angezogener und seriös wirkender Herr mit Hund vorbei. Höflich wie er war, erkundigte er sich, ob er helfen könne, war aber sichtlich froh, dass ich schon fertig war. Aber immerhin, er hatte gefragt. 

 

Nach etwa 36 km erreichte ich die Rheinfähre Greffern-Drusenheim, mit der ich wieder auf die linke Rheinseite wechseln konnte. Ich hatte ganz schön Glück gehabt, denn zwei Tage später wäre sie wegen Reparaturarbeiten nicht mehr gefahren. Ich hatte mich nur auf den Eintrag im Heft verlassen. 


Nach der Überquerung des Rheins also wieder in F. Ab hier hieß es über 22 km neben einer Landstraße zu fahren. Der Radweg war wieder sehr gut, aber halt neben einer Straße. Auf dem Weg passierte ich etliche Ortschaften, die jedoch fast alle wie ausgestorben wirkten. Streckenweise musste ich auch direkt auf der Straße fahren, was mir immer Unbehagen bereitete, denn die Autofahrer fuhren ziemlich nah an einem vorbei.

 

Langsam wollten nun aber meine Beine nicht mehr, und ich musste mich richtig zusammenreißen, um weiterzufahren, denn noch galt es 19 km durchzuhalten. Auf einem Radweg fernab der Straße und durch Felder ertrug sich alles jedoch leichter. Außerdem hatte ich die Grenze nach D erreicht. Und bald darauf dann auch meine Unterkunft in Berg (Pfalz), im "Gästehaus im Unnerdorf". Mein Gott war ich froh. In drei Tagen hatte ich 261 km geschafft. Die nächsten Tage sollten Gottseidank etwas kürzer werden. Mit diesem beruhigendem Gedanken klang nach einem guten Abendessen der Tag aus. 

 

 

4. Radtag: So., 06.09.20: Berg (Pfalz) - über Wörth-Maximiliansau - Germersheim nach Speyer (67 km)

Heute bedurfte es einige Selbstüberredungskünste, um weiter zu fahren. Es nieselte, und ich hatte zwar gut geschlafen, aber die richtige Lust fehlte. Da es dazu jedoch keine Alternative gab, bepackte ich eben wieder brav mein Rad, und fuhr nach einem Frühstück auf dem Zimmer, wieder los. So richtig Spaß hatte es so früh morgens jedoch nicht gemacht. Der Himmel war grau in grau, und die Temperatur auf 15 Grad gefallen. Etwas deprimiert zog ich daher auch gleich meine Regensachen an, da es aussah, als ob es zudem jeden Moment heftig regnen würde. Außerdem schützen diese auch gegen den Wind, der zudem kräftig blies. Nein, frieren wollte ich nicht auch noch. 

Am Anfang war ich noch ziemlich alleine auf dem Radweg, dem ehemaligen Treidelpfad, der übrigens von Basel bis in die Niederlande noch fast vollkommen vorhanden ist. Heute allerdings überwiegend als Promenade oder Radweg ausgebaut. Das mit dem Alleinsein änderte sich allerdings relativ schnell. Heute am Sonntag war nämlich der Teufel, bzw. die Radfahrer los. Einen Großteil von ihnen zog es jedoch zur Fähre nach Neuburg - Neuburgweiher, um auf der rechten Seite weiter zu fahren. Das war mir nur recht, denn so konnte ich noch ein klein wenig relativ alleine in meiner Richtung fahren. Vorher fuhr ich auf dem Damm noch über einen Steg, der die "Alte Lauter" die hier in den Rhein mündet, überquert. Dieser Steg bildet zugleich die Grenze zwischen D und F. In Hagenburg ein großes Kieswerk durchquert, um mich schließlich wieder auf dem Rheindamm Maximiliansau, und kurz darauf Wörth, zu nähern. 


Hier hätte ich über eine Brücke auf die andere Rheinseite nach Karlsruhe fahren können, ich aber fuhr auf der linken Seite weiter. Die Durchfahrt durch Maximilians-Wörth war nicht schön. Obwohl gut ausgeschildert, galt es sich im dichtem Verkehr und vielen Über- und Unterquerungen von Straßen und Eisenbahnen durchzuwursteln. 

Nach asphaltierten Wirtschaftswegen, einen Vogelpark und einem Weg am Altrhein entlang, erreichte ich schließlich wieder die Hauptroute am Damm. Auf ihr folgte ich dem ehemaligen Leinpfad direkt am Rheinufer und weiter bis Germers-heim. Nur, um hier in ein totales Verkehrsgewimmel zu stoßen. Wahrscheinlich fahren alle Germsheimer am Sonntag Rad, und waren heute damit unterwegs. 


Zwar hätte ich hier gerne eine kurze Pause gemacht, aber diese Menschenmassen waren mir zuviel. Daher nur ein kurzer Blick auf die Alte Festung und die Carnot'sche Mauer, dann schaute ich, dass ich schnell wieder auf meinen nun wirklich schön angelegten Radweg kam. Dazu musste ich jedoch öfters meine RadApp heranziehen, da die Strecke häufig abbog, und ich auf keinen Fall Umwege riskieren wollte. Ich war inzwischen nämlich ganz schön kaputt. Es waren in den 


vergangenen Tagen doch viele Kilometer gewesen. Da aber stellte ich voller Freude fest, dass es nur mehr etwas über 20 km bis zu meinem heutigen Endpunkt, Speyer, war. Mit neuem Antrieb daher noch einmal fest in die Pedale getreten. Noch ein Gewerbegebiet durchquert, den Lingenfelder Altrhein umrundet, um schließlich auf ruhigem Weg am Damm entlang bald darauf Speyer zu erreichen. Dank meiner Anfahrtsskizze und dem Navi fand ich schnell mein Hotel "Hotel Speyer am Technik Museum". Dort begrüßten mich zur großen Überraschung etliche Flugzeug Oldtimer, da das Hotel direkt dem Technik Museum angegliedert war, auf dessen Boden sie standen.

 

Eingecheckt, mich Stadtfein gemacht, und anschließend sofort zum Dom von Speyer, bzw. zu einem Wirtshaus in der Fußgängerzone gelaufen, von dessen Biergarten aus ich den Dom im Blick hatte. Später noch durch die Innenstadt, und unter dem Abendgeläut des Domes zurück zu meinem Hotel. Obwohl ich gegen Ende der Tagesetappe ziemlich müde wurde, war es alles in allem wieder ein schöner Radttag. 


 

 

5. Radtag: Mo., 07.09.20: Von Speyer - über Altrip - Ludwigshafen Oggersheim - nach Worms (56 km)

Mein Gott, was für ein schöner Tag war das heute. Zu allererst die kurze Strecke von 56 km, und dann konnte ich heute fast ausschließlich durch reine Natur radeln. Zudem lachte schon frühmorgens die Sonne und die Strecke war sehr gut ausgeschildert. 

Logo in D
Logo in D

Radlerherz, was begehrst du mehr. Daher den Beinen gut zugesprochen, die noch nicht so recht wollten, und bald darauf fuhr ich voll motiviert los. Den Radweg hatte ich bereits am Abend vorher ausgekundschaftet, so dass auch die Fahrt durch die Stadt kein Problem war. Immer geradeaus stadtauswärts, und kurz danach befand ich mich schon auf, bzw. neben dem Rheindamm. Noch ein Blick zurück auf die Silhouette von Speyer, dann ein Blick nach vorne zu der Spannseilbrücke über den Rhein, der Autobahnbrücke A 61, um kurz darauf schon den Otterstädter Altrhein zu umrunden. Vorbei an einem Feriengebiet mit einem wunderschönen Badesee, und bald darauf erreichte ich Altrip.

Altrip ist eine der ältesten Siedlungen in der Pfalz und liegt direkt in einer Rheinschleife südlich von Ludwigshafen, gegenüber Mannheim. Mit seinen Auwäldern Seen, Wiesen und Altrheinarmen, die alle Land- und Naturschutzgebiete sind, ist es das Naherholungsgebiet der gesamten Region. Allerdings verengt sich der Rhein hier von 300 m auf 240 m, weshalb es früher 

häufig bei Hochwasser völlig überschwemmt wurde. Erst ein richtiger Ring von hohen Deichen schützen das Gebiet nun vor dem Wasser. Jedenfalls war es hier auf viele Kilometer einfach herrlich entlang zu fahren. Und ich fuhr gerade durch diese schöne Landschaft, als mein Handy klingelte. Eine Hiobsbotschaft. Meine für Ende September gebuchte Englandreise wurde abgesagt. Die Schweizer 


Teilnehmer hätten in England in Quarantäne gemusst. Da ich von Basel aus fliegen wollte, betraf es mich auch. Ich hatte mich aber bereits damit abgefunden und war daher nicht allzu traurig darüber. Traurig war ich hingegen im Frühjahr über die Absage meiner für Anfang April geplanten Reise zu den Berggorillas gewesen. Corona zeigte damals seine ersten Auswirkungen mit einem Lockdown.

 

Kurz vor 15 Uhr in Worms eingetroffen, wo mich schon von Weitem der Dom begrüßte, in dessen Nähe auch mein Hotel "Hotel Hüttl" lag. Also schnell mein Gepäck wieder einmal in den zweiten Stock hochgeschleppt, geduscht, und anschließend raus, um Worms zu erkunden. Weit kam ich allerdings nicht, denn genau gegenüber dem Hotel, lockte eine große Eisdiele. Trotz aller Coronamaßnahmen musste es endlich mal ein leckerer Eisbecher sein. Hier, wie auch im Hotel wurde übrigens streng auf die Einhaltung der Schutzmaßnahmen geachtet. Nach einem netten langen Gespräch mit einer Frau, die sich zu mir setzte, und nachdem ich meinen Eisbecher aufgegessen hatte, lief ich weiter durch die Stadt. Tapfer viele Sehenswürdigkeiten abgeklappert, in einem Straßenrestaurant  was gegessen, dann zurück ins Hotel. War ein sehr schöner Tag. 

 

 

6. Radtag: Di., 08.09.20: Zug von Worms bis Osthofen - weiter mit Rad über Oppenheim - Nierstein - nach Mainz (56 km)

An diesem Tag ließ ich es etwas langsamer angehen. Ich hatte mir eine winzig kleine Pause verdient. Außerdem wollte ich relativ früh in Mainz sein, um mir die Stadt anzuschauen. Daher fuhr ich mit dem Zug ca. 15 km nach Osthofen. Von dort brauchte ich allerdings 3 km, um wieder auf den Radweg zu stoßen. Und dennoch tat es mir gut. 12 km weniger war auch was. Also frühmorgens noch mit dem Rad durch Worms und danach zum Bahnhof gefahren. Was ich durch die Bahnfahrt an Kräfte gespart hatte, ging allerdings schon im Bahnhof verloren, denn dort hieß es das Rad Treppen runter und Treppen rauf zu schleppen. Die Bahnfahrt dauerte nur wenige Minuten bis Osthofen. Dort ausgestiegen und mich dann schnell auf einen Verbindungsweg zum Radweg gemacht.

 

Auf dem Radweg selbst galt es öfters die Straßenseite zu wechseln, um danach durch eine schöne Auenlandschaft mit ihren Wiesen und Feldern zu kommen. Ein kurzes Stück auf Schotterweg, dann wieder Asphaltweg, der kurz darauf wieder auf dem Damm mündete. Ab da hieß es immer auf dem Damm am Rhein entlang zu fahren. Mal durch ein Naturschutzgebiet, mal vorbei an einem Segelflugplatz, und mal durch ein schattenspendendes Wäldchen. Aber dann wechselte die Landschaft. Nun dominierten Weinberge die Gegend. In Oppenheim, der führenden rheinhessischen Weinstadt, durch die engen Gässchen des Städtchens, dann eine ganz reizvolle Passage zwischen den Weingärten selbst bis Nierstein, einem der berühmtesten Weinorte der Gegend. Es war einfach wunderschön, zumal über mir die Sonne nur so lachte. 

 


Bald darauf aber hieß es Abschied von den Weinbergen zu nehmen, um wieder am Rhein entlang Richtung Mainz zu fahren.


Allerdings war nun deutlich zu merken, dass ich mich einer größeren Stadt mit Industrie näherte. Der Lärm wurde lauter, es ging teilweise an vielbefahrenen Straßen, sogar kurz an einer Autobahn entlang, und unter Brücken hindurch. Wieder abseits des Autoverkehrs galt es mehrere Zementwerke zu umfahren, um schließlich erneut am Rheinufer zu landen. Und von dort erreichte ich kurz darauf den Fischtorplatz in Mainz. 

 

Ab hier war es fast ein Heimspiel, da ich früher einmal zehn Jahre in Mainz gelebt hatte. Allerdings erkannte ich die Stadt kaum wieder. Es war seitdem sehr viel ge- und umgebaut worden. Wie viel, wurde mir erst so richtig bewußt, als ich nach dem Einchecken im "Hotel Königshof" durch die Innstadt lief. Selbst beim Haus in der Innenstadt, wo ich damals wohnte, musste ich lange hinschauen, bevor ich es wieder erkannte. Es hatte eine total andere Farbgestaltung erhalten. Überhaupt dauerte das Wiedererkennen der Stadt selbst etwas. Dann aber suchte ich mir gut bekannte Stellen und Orte auf und aß im Altstadtviertel zu Abend. Erst relativ spät machte ich mich, noch immer in Erinnerungen schwelgend, auf den Weg zurück zu meinem Hotel.

 

 

7. Radtag: Mi., 09.09.20: Von Mainz über Eltville nach Rüdesheim - mit Fähre nach Bingen - weiter nach St.Goar (71 km)

Ab diesen Tag nahm ich den Klassiker des ganzen Rhein-Radweges, nämlich den Weg von Mainz nach Köln, unter die Räder. Dazu überquerte ich gleich morgens die letzte Rheinbrücke zwischen Mainz und Koblenz für über 100 km, wechselte von Rheinland-Pfalz nach Hessen in den Rheingau, um ca. 40 km auf der rechten Rheinseite zu fahren.


Die rechte Seite ist hier eindeutig abwechslungsreicher und reizvoller. Wie immer um 9 Uhr los, übrigens schon bei Sonnenschein, durch die Stadt und über die Theodor-Heuss-Brücke auf die andere Rheinseite. Der dortige Weg am Rhein entlang Richtung Wiesbaden wäre schön gewesen, wenn sich nicht etliche Umleitungen in den Weg gestellt hätten. Aber dafür kann der Weg ja nichts. 

Anschließend immer am Ufer entlang einer Platanenallee bis zum Schloss Biebrich in Wiesbaden und weiter zum Schiersteiner Hafen, wo unzählige große und kleine Yachten auf dem Wasser schaukelten. Die Wege waren teilweise mit Kies, teilweise mit großen Steinpflastern bedeckt, oder asphaltiert. Wobei der Asphalt öfters von Wurzeln durchbrochen war, was ein vorsichtiges Fahren verlangte. Und von nun an waren auch  immer mehr Spaziergänger und Radfahrer unterwegs. Da dachte ich schon, dass ich hier nicht an einem Wochenende fahren möchte, und wusste noch gar nicht, was mich im weiteren Verlauf des Radweges noch erwartete. Nämlich Massen an Radfahrern. 


Inzwischen hatte ich den Rheingau erreicht, wo wieder Weinhänge das Bild beherrschten. Und bald darauf fuhr ich auf der wunderschönen Promenade von Eltville mit der Kurfürstlichen Burg vom 14. Jh. entlang. Als ich kurz anhielt, sprach mich eine E-Bikefahrerin an. Nach dem Üblichen woher / wohin, erzählte sie 


mir, dass sie an MS leide und sich vor vier Jahren kaum mehr bewegen konnte. Inzwischen hätte sie sich aber wieder kleine Freiheiten erkämpft, so dass sie mit dem E-Bike kleinere Touren machen könne. Ihr Mann würde sie zur Ausgangsstelle bringen und sie an einem verabredeten Punkt wieder abholen. Einfach bewundernswert. Für mich ging es aber weiter am Ufer entlang und etwas später an einer dichtbefahrenen Straße. In Oestrich Winkel wollte ich eigentlich mit der Fähre wieder auf die linke Rheinseite, aber als ich an der Anlegestelle ankam, hätte ich noch eine halbe Stunde warten müssen. Daher kurzerhand das


Tempo erhöht und schnell weiter bis zur nächsten Fähre in Rüdesheim. Dort die berühmte Drosselgasse Drosselgasse sein lassen und direkt zum Fähranleger abgebogen, wo just in diesem Moment die Fähre nach Bingen anlegte. In Bingen das Rad über die Strandpromenade geschoben, um anschließend dem Weg auf einer Radbrücke über die Nahe zu folgen. Allerdings verfuhr ich mich hierbei, und es dauerte einige Zeit, bis ich wieder auf der richtigen Seite der Bahngleise war, und damit auf dem richtigen Weg. 

Von nun an verlief der Radweg zwar unterhalb einer dichtbefahrenen Straße und der Bahntrasse, aber der Verkehrslärm war erstaunlicherweise kaum zu hören. Vor dieser Etappe hatte mir immer gegraut, da ich vom Auto aus früher immer die Radler direkt unterhalb der Straße bedauerte. Aber nie hätte ich gedacht, dass es trotzdem so schön sein konnte. Was ich aber aber von nun an schrecklich fand, waren die Massen an Radfahrer, die ab Bingen in meine Richtung fuhren oder entgegenkamen. Die allermeisten mit E-Bike und ohne Gepäck. Mit hohem Tempo kamen sie an, klingelten wie verrückt, und überholten mich. Auch die Entgegenkommenden fuhren häufig nebeneinander, so dass ich erneut ausweichen musste, ansonsten streiften wir uns beinahe. Daher musste ich mich sehr auf den Weg konzentrieren. Ich als alleinfahrende Radlerin mit Gepäck, aber ohne E-Bike, war die absolute Ausnahme. 

 

Auf der anderen Seite kann ich den Boom an Radfahrern verstehen. Immerhin ist die Mittelrheinstrecke ab Rüdesheim/Bingen bis Koblenz Weltkulturerbe und wirklich traumhaft schön. Rechts und links des Flusslaufes erheben sich bis zu 300m hohe bewaldete oder mit Weinbergterassen bewirtschafftete Steilhänge über den nun eingeengten Rhein. Und auf ihnen sitzen insgesamt 40 stolze auf Felsen gebaute Burgen und Schlösser. Daher war es doch eine wunderschöne Strecke von nur noch 27 km, bis zu meinem Tagesziel St. Goar. Jeweils mit kurzen Pausen in Bacherach, dem mittelalterlichen Weinort, in Oberwesel mit der für mich einfach unbeschreiblich schönen im gotischen Stil erbauten Liebfrauenkirche, und natürlich vorbei am gegenüberliegenden Felsen der Loreley. Kurz nach 16 Uhr erreichte ich meine Unterkunft in St. Goar "Hotel zur Loreley". Dort im Haus gut gegessen, noch etwas im Ort rumgelaufen, dann aber ins Bett.

 

 

8. Radtag: Do., 10.09.20: Von St. Goar über Boppard, Koblenz immer links am Rhein entlang nach Andernach (64 km)

Heute ging es anfangs bei etwas bedecktem, später sonnigen, aber durchaus kühlem Wetter weiter. Immer weiter gerade aus im engen Rheintal, gespickt mit vielen kleinen Steigungen. Verfahren war hier kaum möglich, und dennoch tat ich dies in Koblenz. Und zwar hatte ich dort den Abzweig zur Balduinbrücke über die Mosel übersehen und landete so auf der falschen Seite der Bahnschienen, von wo aus es keine Überquerungsmöglichkeit mehr gab. Also hieß es brav den Weg zurück. Grund für diesen Umweg war, dass ich vorher nicht auf dem offiziellen Radweg fuhr und daher die Wegmarkierung nicht sah. Ich bin einfach anderen Radlern mit Gepäck nachgefahren. So viele Radtouren schon, und dann sowas!

 

Aber noch war es am frühen Morgen nicht so weit. Nach gutem Frühstück strampelte ich wieder auf dem Radweg, der immer noch unterhalb der Bahntrasse und Straße verlief. Frühmorgens war er noch nicht so frequentiert und ich konnte daher relativ ungestört bis Koblenz fahren. Zu sehen gab es viel. Kurz nach St. Goar erhob sich auf der anderen Rheinseite über dem Ort Wellmich die 1356 erbaute Burg Maus, eine der schönsten Burgen am Rhein. Eine Gegenburg zu der nur ein paar Kilometer unterhalb liegenden, früher rivalisierenden Burg Katz. Wenig später erreichte ich Bad Salzig, einen ehemaligen Kurort mit großem Kurpark, der mich mit seinem alten Baumbestand faszinierte. Und bald darauf "umrundete" ich die Bopparder Rheinschleife, die größte Rheinschleife des Rheins. Linkerhand davon zogen sich hier die größten zusammenhängenden Weinanbauflächen am Mittelrhein an den Berghängen empor. Und weiter ging es bis Spy, einem Weinort, welcher genau auf halber Strecke zwischen Basel und Rotterdam liegt. Kurz dahinter, wieder auf der anderen Rheinseite, erhob sich die markante Marksburg, die einzige mittelalterliche Hochburg am Mittelrhein die nie zerstört, und im Laufe ihrer Geschichte nur ganz geringfügig umgebaut wurde. 

Nach wie vor war es eine entspannte Fahrt auf dem gut ausgebauten, breiten und überwiegend asphaltierten Radweg, auf dem sich aber mit der Zeit wieder mehr Radfahrer und E-Biker, tummelten. Nach 36 km schließlich erreichte ich Koblenz. Und bald, immer entlang der  Uferpromenade, stand ich am Deutschen Eck, am Zusammenfluss von Rhein und Mosel. Am 15m hohem Reiterstandbild Kaiser Wilhelm I. machte ich eine Pause. Nach der Weiterfahrt hieß es sehr aufzupassen, da inzwischen ein Pulk von Radfahrern unterwegs war. Und obwohl ich aufgepasst hatte, muss ich doch die Abzweigung über die Balduinbrücke übersehen haben (s.o.). Nach einer langen Rumkurverei dann endlich wieder auf dem richtigen Weg. Dass so viele Radfahrer unterwegs waren brachte aber den Vorteil, dass sich hin und wieder ein nettes Gespräch ergab. Gelegenheit dazu boten die vielen Fotopausen an fotogenen Stellen, die auch andere Radler anzog. Manche traf ich im weiteren Verlauf öfters, so dass man sich beim Überholen oder bei einer Rast immer schon mit einem Lächeln begrüßte.

 

Die weitere Strecke ab Koblenz war von der Industrie geprägt. Dennoch muss ich sagen, dass der Radweg schön angelegt war, denn nie hatte ich mich dadurch gestört gefühlt. Kurz nach 16 Uhr und weiteren 28 km traf ich dann in Andernach, meinem Tagesetappenziel ein. Im allerersten Moment war ich von der vermeintlich "noblen" Fassade der Stadt überrascht, bis ich feststellte, dass alles der Glanz längst vergangener Zeiten war. Nach Einchecken im Hotel "Rhein-Hotel", duschen etc., lief ich in die historische Innenstadt, aß etwas, um danach noch die Stadt mit einer imposanten Stadtmauer etwas zu erkunden. Später ins Hotel.

 

 

9. Radtag: Fr., 11.09.20: Von Andernach nach Remagen, über Bad Godesberg und Bonn weiter nach Godorf (64 km)

Das F war gut, und daher wie immer um 9 Uhr bei schönem Wetter gut gelaunt los. Eigentlich wollte ich in Andernach noch den weltweit höchsten "Kaltwasser-Geysir" besuchen, aber leider waren wahrscheinlich wegen Corona alle Touren dorthin abgesagt. Auf der anderen Seite hätte das aber auch viel Zeit in Anspruch genommen, und so fuhr ich beruhigt weiter. Kurz drauf ging es steil bergauf, und anschließend hieß es wieder ein Stück der Eisenbahntrasse folgen. Vorbei an Schloss Burg Namedey und vielen Obstbäumen, um später erneut entlang der Bahntrasse bis Bad Breisig zu kommen. Und von dort schließlich nach Remagen. Natürlich galt dort mein Blick gleich der anderen Rheinseite mit den berühmten Brückentürmen der Remager Brücke, die den alliierten Truppen im März 1945 den ersten Rheinübergang ermöglichte. Die Brücke sollte zwar vorher durch das deutsche Militär selbst gesprengt werden, aber zu wenig Sprengstoff verhinderte das.  


Erst als die Alliierten Truppen fast alle hinüber gelangt waren, stürzte sie ein. Für mich ging es auf der Promenade von Remagen und anschließend auf dem dem Ufer folgenden Rhein-Radweg weiter. Nur war es jetzt kein entspanntes Radeln mehr, da sich wieder Massen von E-Bikern dort tummelten. Das bedeutete für mich erneut ständig ganz rechts zu fahren, da ich laufend überholt wurde. Gemütlich einfach so vor mich hinfahren war nicht mehr möglich. Trotzdem kam ich sehr schnell voran und musste viele Pausen machen, da meine Unterkunft am Etappenziel erst um 16:30 Uhr aufmachte. 

Der Weg selbst war die ganze Zeit sehr schön zu befahren. Meistens war er asphaltiert, dazwischen schoben sich aber auch immer wieder reine Kieswege rein, welche das Radeln stets ein klein wenig schwieriger machten. Ab Rolandseck musste ich auch ein kurzes Stück auf einem Radweg direkt entlang einer Bundesstraße fahren, was wegen dem Lärm nervtötend ist. Also beobachtete ich, wenn es der Radverkehr erlaubte, lieber den Rhein, auf dem unentwegt mit oder gegen die Strömung Frachtschiffe mit Kohle oder Kies fuhren. Gemeinsam 


mit den vielen Tankern herrschte dort nämlich ein ausgebrochen reger Schiffsverkehr. Nach dem Überqueren der Grenze nach Nordrhein-Westfalen, traf ich schließlich in Bad Godesberg, und bald darauf in Bonn ein. Unbehelligt vom Straßenverkehr radelte ich hier auf dem Promenadenweg am Stresemannufer an der Villa Hamerschmidt und dem ehemaligen Bundeshaus vorbei. Bonn war von 1949 bis 1991 die Hauptstadt Deutschlands und ist mit über 2000-jähriger Geschichte eine der ältesten Städte Deutschlands. Ab hier waren es nur noch 6 km bis zu meiner Unterkunft "Godorfer Mühle" in Godorf. Vorher galt es jedoch noch in Wesseling ein Industriegebiet zu durchqueren und dort den ausgedehnten petrochemischen Komplex zu umrunden. Meine Unterkunft in Godorf war zwar mehr als einfach, aber der Wirt war sehr nett und machte sogar extra für mich Bratkartoffeln mit Spiegeleier, obwohl an dem Tag Ruhetag war. Später satt, und nach drei kleinen Kölsch fast beschwipst, auf mein Zimmer und bald darauf ins Bett. 

 

10. Radtag: Sa., 12.09.20: Am letzten Tag von Godorf nach Köln und Fahrt durch Köln (23 km)

Hatte ich mich, besonders in den ersten Tagen, manchmal etwas wegen der langen Tagesetappen selbst bedauert, war es an diesem Tag genau umgekehrt. Fast ungläubig und richtig etwas traurig rüstete ich mich für die letzten Kilometer dieser Radtour. Es waren wirklich nur noch ein paar Kilometer bis Köln, meiner Endstation. Ich hatte das extra so geplant, da ich mir den Tag für Köln offenhalten wollte. 

 

Zeit hatte ich daher zu Genüge. Also erst um 10 Uhr los. Die Route war schnell gefunden, wobei ich großes Glück hatte, dass ich nicht gleich am Anfang eine Abzweigung übersah. Das Hinweisschild dort war so klein und winzig, und noch dazu auf der anderen Straßenseite, dass es tatsächlich Glück war, dass ich es entdeckte. Kurz darauf traf ich an einer anderen etwas unklaren Stelle auf einen jungen Radfahrer mit großem Gepäck. Ich schaute auf mein Handy, er schaute auf sein Handy, und beide suchten wir unseren weiteren Verlauf des Radweges. 

Und schon waren wir im Gespräch. Er war ziemlich jung, schwer mit Gepäck beladen, und aus meiner Sicht etwas unbedarft in punkto großer Radtour. Wie sich rausstellte war es seine erste Tour überhaupt. Er wollte an diesem Tag bis Mainz 


durchfahren. Immerhin eine Strecke von 190 Kilometer, was ihm aber gar nicht bewusst war. Und da er nur mit Durchschnittstempo von 15 km/h fuhr, wie er mir erzählte, war er aus meiner Sicht eindeutig zu langsam, um so eine lange Strecke zu schaffen. Ich zeigte ihm meinen Streckenplan und brachte ihn damit wohl doch zum Nachdenken. Er hatte keine Wegbeschreibung dabei, und daher keine genaue Vorstellung wie weit es bis dahin war. Mit Tipps und guten Wünschen zu der vor ihm liegenden Strecke, die ja bereits hinter mir lag, trennten wir uns nach längerer Zeit.

 

Nur ein paar Kilometer weiter, und wieder am Rhein entlang, erblickte ich dann schon die Skyline von Köln mit dem alles überragenden Dom. Und nun fuhr ich ganz gemütlich. Ich bummelte richtig, denn ich hatte viel viel Zeit, da das Hotel erst ab 15 Uhr geöffnet hatte. Aber das war auch einmal schön. So fuhr ich auf der Uferpromenade entlang, machte hier und dort Halt, setzte mich schließlich auf eine Bank am Rheinufer und schaute lange dem Trubel zu, der heute am Samstag bei schönstem Wetter hier herrschte. Dazu kaufte ich mir etwas zum Essen und genoß es einfach so dort zu sitzen. 

Nach einer langen Pause machte ich mich langsam auf in die Innenstadt, wie mein Hotel lag. Dabei genoß ich es in der Innenstadt an vielen Sehenswürdigkeiten vorbei zu kommen. Was ich allerdings dort auch sah, erschreckte mich richtig. Es war ein Trubel, wie man es sich in Corona Zeiten nicht vorstellen sollte, und kaum einer mit Maske. Dicht gedrängt schoben sich hier die Menschenmassen durch die engen Gassen, und in den Gartenlokalen saßen sie dicht an dicht. So schnell ich konnte fuhr ich daher zum Hotel "Opera Hotel Köln", bezog mein Zimmer, machte mich frisch, um nachher doch noch einmal zu Fuß zum Dom etc. zu gehen. Aber mit Maske. Es war schön, und dennoch ging ich mit einer gewissen Vorsicht und versuchte Abstand zu anderen zu halten. Was allerdings kaum gelang, denn die Masse gab das Tempo vor. Überholen war aussichtslos. Zurück im Hotel noch eine Kleinigkeit gegessen, meine "Korrespondenz" erledigt und für die morgige Zugfahrt nach Hause gepackt, dann ins Bett.

 

 

11. Tag: So., 13.09.20: Heimfahrt mit Bahn von Köln bis Basel - ab Basel mit Rad nach Rheinfelden (19 km)

Nicht gut geschlafen, da mein Zimmer zur Straße hinaus ging, und nachts viel Lärm war, trotz Corona, so dass der Abschied von Köln nicht allzu schwer fiel. Mein Zug ging kurz vor 9 Uhr, und der Weg  bis zum Bahnhof war nicht weit. Daher nach dem Frühstück, welches nur nach zeitlicher Vorbestellung möglich war, mein Fahrrad aus dem Keller, wo es über Nacht stehen durfte, geholt, und losgefahren. Die Strecke zum Bahnhof hatte ich am Abend vorher ausgekundschaftet. Dort angekommen, erwartete mich ein totales Chaos. Fast alle Züge hatten Verspätung, darunter auch meiner. Da ich aber nicht umsteigen musste und bis Basel durchfahren konnte, machte mir das nicht viel aus. Im Zug selbst aber gab es, wie so oft, Streit um die reservierten Radplätze. Vier Räder wollten mit, Plätze gab es nur für zwei. Alle vier hatten aber einen gebuchten Stellplatz. Gottseidank stieg ich als Zweite ein und konnte mein Rad gleich am reservierten Platz aufhängen. Nummer drei und vier mussten wieder aussteigen. So weit ich aber gesehen hatte, kümmerte sich der Zugbegleiter um sie. 

 

Mit etwas Verspätung schließlich in Basel angekommen und von dort aus mit dem Rad die mir wohlbekannte Strecke zurück nach Rheinfelden gefahren. Ja, und damit war meine große Radtour 2020 zu Ende. Ohne Unfall, ohne Probleme und gesund und munter. Schön war's! Mal sehen, was nächstes Jahr wird.