Niederlausitzer Bergbautour im August 2018

Rundkurs durch das neue Lausitzer Seenland, dem rekultivierten Braunkohlerevier.

Immer dem kleinen roten Teufel nach hieß es für mich bei der diesjährigen Radtour. Er war mein Wegweiser durch eine neu entstandene und noch entstehende Wasserlandschaft wie man sie selten sieht. Nicht mehr betriebene Braunkohle-Tageabbauflächen wurden/werden hier erfolgreich rekultiviert und zu Erholungslandschaften umgestaltet. Auf gut ausgebauten und überwiegend asphaltierten Radwegen ging es in einem Rundkurs größtenteils durch den Süden Brandenburgs und den Norden Sachsens. Die wirklich hervorragende Streckenführung brachte mich in insgesamt 591 km durch aktiven, aber auch bereits rekultivierten Braunkohle-Tagebau mit Stätten wertvoller Industriekultur, streifte malerische Ortschaften,

liebevoll restaurierte Schlösser und historische kleine Kirchen. Außerdem führte der Weg durch weite Kiefer- und Mischwälder sowie Heidelandschaften, durch riesengroße Felder und entlang vieler Seen mit hellen Badestränden und Yachthäfen. Es war, trotz des extrem heißen Wetters, zu der Zeit herrschte seit Wochen die Gluthitze mit bis zu 39 °C über Deutschland, eine meiner schönsten Radtouren. Neben den meist sehr guten Radwegen ging es natürlich auch manchmal 

Rundkurs der NIBG Radtour
Rundkurs der NIBG Radtour

buchstäblich über Stock und Stein, Sand, Kies, Staub und Wurzeln. Jedoch immer nur kurz und auch öfters durch Umwege bedingt. Genauso, wie es bei der größtenteils flachen Strecke auch häufig mal kurz, hin und wieder aber auch längere und stärkere Steigungen hinauf strampeln hieß. Selbst die Markierung verdient ein Lob. Mit wirklich an einer Hand abzählbaren Ausnahmen (vielleicht nur nicht richtig gesehen) zeigte mir der rote Rekord-Teufel, wie er auch genannt wird, zuverlässig meine zu fahrende Richtung an. An Kartenmaterial war allerdings "nur" eine alte ADFC-Regionalkarte "Niederlausitz" verfügbar, in der die Route eingezeichnet war. Glücklicherweise gab es jedoch vom ADFC auch eine 

App mit aufgelegter Route, die ich fast von Beginn an "konsultierte". Im Offline-Status wusste ich so mittels Ortung stets sofort und präzise wo ich mich befand. Die Einteilung der Tagesetappen anhand von Kilometern musste ich mir bei der Vor-bereitung mit einem digitalen Entfernungsmesser selbst erarbeiten, da es für diese Tour kein Bikeline-Heft mehr gibt. Das letzte erschien 2004. Wahrscheinlich ist das auch mit ein Grund, weshalb mir während der gesamten neun Radtage auf meiner

Höhenprofil der NIBG Radtour
Höhenprofil der NIBG Radtour

Tour nie ein Tourenradler begegnete. Ich war mutterseelenallein unterwegs, was ich jedoch ausgesprochen schön fand. Einzig rund um Cottbus, im Spreewald und in Hoyerswerda oder Forst begegneten mir einige Tagesradler ohne Gepäck. Die Planung der Etappen und Übernachtungen gestaltete sich etwas kompliziert, da weite Strecken durch pure Landschaft oder winzige Ortschaften gingen, wo es keine Unterkunft oder etwas zu kaufen gab. Bei der vorherrschenden Extremhitze führte das teilweise zu Problemen, denn ich brachte nur 1,7 ltr. an meinem Rad unter, was an manchen Tagen erheblich zu wenig war. Als Start und Ziel hatte ich Cottbus festgelegt, da es für mich am besten mit dem Zug erreichbar war.

 

Anreise: Di., 31.07.18: Mit Rad nach Basel (19 km), mit Bahn über Hannover, Berlin, nach Cottbus

Wetter: Die ganzen Wochen über war es schon brütend heiß gewesen, und die Vorhersage klang genauso. Temperaturen weit über 34 - 39 Grad. Na, das waren ja  Aussichten. Überall wurde vor körperlicher, sprich sportlicher Tätigkeit, gewarnt, und ich machte mich zu einer großen Radtour auf. Aber alles war ja organisiert und fest gebucht, so dass ich keinen Rückzieher machen konnte. Also abends um 19:45 Uhr mit Sack und Pack bei Temperaturen von immer noch 30 Grad! von zu Hause aus mit dem Rad die 19 Kilometer nach Basel zum Badischen Bahnhof geradelt. Dort in den österreichischen nightjet gestiegen, der auch Fahrräder mitnimmt. Und schon Ärger, denn mein fest reservierter Stellplatz für das Rad war völlig mit schwerem Gepäck zugestellt. Also erst einmal dieses Gepäck woanders hingewuchtet, was ziemlich Kraft kostete, zumal ich dafür überhaupt erst mühselig Platz schaffen musste. Im Abteil dann auch etwas Unmut, da wir statt vier Personen, wie vereinbart und bezahlt, zu fünft in den Betten lagen. Aber sich groß aufzuregen bringt nichts. Schnell also alles verstaut, Ohropax und Schlafbrille auf, und dann versucht, wenigstens etwas auszuruhen. Schlafen kann ich sowieso nie. Den Zugbegleiter habe ich nie gesehen. D.h., keine Kartenkontrolle o.s..

 

An- und Abreise mit der Bahn: Die Fahrten mit der Bahn und mit Rad werden immer schwieriger. Vor zwei Jahren betrieb die DB noch den City Night Line, der mich ohne Probleme, und meist ohne Umsteigen, über Nacht bequem zu meinen Zielen brachte. Letztes Jahr stellte sie diese Züge ein. Ersatz versprach der nightjet aus Österreich, mit dem ich ohne Umsteigen über Nacht nach Berlin fahren konnte. Aber schon ein Jahr darauf war das nicht mehr möglich. Diesmal konnte ich über Nacht nur bis Hannover fahren und musste dort frühmorgens in den Zug nach Berlin umsteigen. Aber auch hier Probleme. Das Radabteil hatte eine ganz andere Nummer als auf meinen Papieren, so dass ich total falsch stand und im Eiltempo ganz an  das andere Ende des Zuges hetzten und außer Atem mein Rad mit Gepäck hinein wuchten musste.  Natürlich war mein reservierter Stellplatz belegt und mein reservierter Sitzplatz auch nicht mehr gültig. Von Berlin nach Cottbus dann ohne Probleme. Alles dauerte über 16,5 Stunden. 

 

 

1. Radtag: Mi., 01.08.18: Mittags Ankunft in Cottbus - Tour mit Rad zur Spremberger Talsperre und zurück (39 km)

Ziemlich müde und übernächtigt kamen mein Rad und ich mittags um 11 Uhr schließlich dann doch in Cottbus an. Schnell etwas im Bahnhof gegessen, Trinkvorräte aufgefüllt, und dann machte ich mich gleich auf den Weg. Ich wollte bis zur Spremberger Talsperre fahren, auf der anderen Seite des Sees wieder zurück nach Cottbus und dort übernachten. 49 km hatte ich geplant, geschafft nur 39. Es war so entsetzlich heiß (37 Grad) und ich so übermüdet und so durstig, dass mein Kreislauf einfach nicht mehr mitspielte. Also drehte ich um und fuhr zurück nach Cottbus. Den von Fürst-Pückler im englischen Stil gestalteten Landschaftspark bei Schloss Branitz, mit seiner in Europa einzigartigen Seepyramide, in der Fürst Pückler und seine Frau bestattet sind, ließ ich mir aber nicht entgehen. Schade, dass ich so kaputt war, denn der Park ist wirklich wunderschön. So aber fuhr ich danach direkt zu meinem Altstadthotel "Am Theater". Dort brachte ich an der Rezeption kein Wort heraus. Meine Stimme versagte total, und erst nachdem ich von der Empfangsdame mitleidig eine große Flasche Sprudel spendiert bekam, und die gleich ausgetrunken hatte, konnte ich wieder sprechen.

 

Anscheinend war es höchste Zeit, dass ich mich etwas ausruhte. Daher gleich eingecheckt und mich kurz hingelegt. Und siehe da, nach einer Stunde war ich wieder putzmunter und zum Abendessen bereit. Also in die Stadt gelaufen und bei einer Pizzeria gelandet. Und dort schlug meine große Stunde als "Kummerkasten Tante". Ein Mann, schätze so um die Ende 


Zwanzig, fragte mich, ob er sich zu mir setzen dürfte. Er müsse unbedingt mit jemanden reden, da er Probleme hätte. Obwohl er wahrscheinlich etwas angetrunken war, war er sehr nett und auch gut angezogen. Er erzählte mir, dass er am nächsten Tag eine Strafe im Gefängnis antreten müsste, und wie es dazu gekommen sei. Dann folgte ein kurzer Abspann seines Lebens. Alles belegte er mit Briefen und Attesten. Mein Teil bei dieser Unterhaltung bestand nur im Zuhören. Aber nach 1 ½ Stunden konnte ich meine Müdigkeit nicht mehr unterdrücken, verabschiedete mich und ging zurück ins Hotel und bald darauf ins Bett. Mit den Gedanken noch bei dem Gespräch. Hoffentlich konnte ich durch das Zuhören wenigstens etwas helfen.

 

 

2. Radtag: Do., 02.08.18: Cottbus - Slawenburg Raddusch - Lübbenau (64 km)

Trotz der Hitze hatte ich sehr gut geschlafen. Ideal war, dass auf dem Bett nur der Bettbezug als Zudecke lag. Die Bettdecke selbst war im Schrank. Auch das Frühstück war gut. Wohlgestärkt und fit stieg ich also aufs Rad und machte mich auf nach Lübbenau, meinem Tagesziel. Relativ schnell fand ich die Markierung meiner Tour, musste aber doch aufpassen, da eine große Umleitung für Verwirrung sorgte. Und schon zeigte sich die große Hilfe durch die App auf dem Handy, denn auf der dortigen Karte konnte ich ja genau sehen, wo ich war und wie ich wieder auf meine Route kam.  

Und die war von nun an wunderschön. Es ging durch Wiesen und Felder, und sehr oft durch Wald, was bei der Hitze einfach nur erholsam war. Manchmal verlief die Strecke auch auf normalen, allerdings kaum befahrenen Straßen. In der Nähe von Drebkau machte ich kurz Halt an der Mumiengruft Illmersdorf, die den größten Mumienschatz Brandenburgs birgt. Sie ist in einer denkmalgeschützten Fachwerkkirche untergebracht, was man aber leider nicht von der Straße aus sieht, denn diese Seite ist verputzt. Nur auf der Rückseite erkennt man das Fachwerk. Und leider war sie geschlossen. Kurz dahinter hörte dann aber die schöne Teerdecke des Radweges auf und es ging lange auf einem Heide-Sandweg durch Waldgebiet. Obwohl traumhaft schön, konnte ich den Schatten nicht so richtig  genießen, da es höllisch aufpassen hieß, um nicht auf dem tiefen Sand ins Schleudern zu kommen. Aus dem Wald raus, empfing mich ein heftiger heißer Gegenwind, der das Fahren nicht unbedingt erleichterte. Folglich in Vetschau auf dem Marktplatz erst einmal eine "Eisbecherpause" gemacht, meine Trinkflaschen wieder aufgefüllte und anschließend weiter zur Slawenburg in Raddusch gefahren. Sie gibt einen einmaligen Einblick in die Slawische Siedlungsgeschichte des Spreewalds vor einem Jahrtausend. 2013 war ich während der Fürst-Pückler-Tour schon einmal dort, aber sie ist so interessant, dass es sich auf jeden Fall lohnte, noch einmal hinzufahren. Besonders die Ausstellung über die damalige Lebensweise der Slawen faszinierte mich auch diesmal wieder. Oder lag es daran, dass die Ausstellungsräume klimatisiert waren?! Draußen waren es immerhin 37 Grad.

 

Jedenfalls nahm ich danach gut gekühlt die letzten Kilometer nach Lübbenau im Spreewald in Angriff. Immer auf herrlichem und gut beschilderten Radweg. Dank Navi fand ich meine Unterkunft, das "Kartoffelhaus & Pension Kniddle" ohne Probleme, bezog mein Zimmer, und machte mich sofort wieder mit dem Rad auf den Weg in die Altstadt von Lübbenau. Dort das Schloss von außen bewundert, den Kahnfahrern auf der Spreee zugeschaut und durch die pittoresken Sträßchen mit all den Touristen gelaufen. Viel Zeit hatte ich dafür nicht, denn Punkt 18 Uhr schlossen die Geschäfte und die Touristen verschwanden wie weggezaubert. Einzig in Gartenlokalen saßen noch welche. Also zurück in meine Pension, im dortigen Gartenlokal lecker gegessen, später Postkarten, WhatApps, Tagebuch etc. geschrieben, schnell die Radsachen gewaschen, und dann ins Bett. Der nächste Tag sollte länger und heißer werden. 

 

3. Radtag: Fr., 03.08.18: Lübbenau - Fürstlich Drehna - Calau - Großräschen (76 km)

Ja, heute sollte es ein brutal heißer Tag mit über 38 Grad im Schatten werden, mit weiten Strecken des Weges ohne Wald, und damit in der prallen Sonne. Deshalb entschied ich mich schon morgens, etwas abzukürzen. Und diese Entscheidung erwies sich als sehr weise, denn es wurden trotzdem noch 76 km, und das bei der Hitze und zwei großen langen Steigungen. Die Hitze hatte noch einen anderen lästigen Effekt. Ich konnte mich so viel ich wollte mit Insektenspray einsprayen, der in Strömen fließende Schweiß schwemmte alles wieder weg. Eigentlich konnte ich nur in der prallen Sonne mal stehen bleiben, denn dort war es den Mücken zu heiß. Aber mir eben auch, und so war ich über und über mit Mückenstichen bedeckt. Nun gut, es half nichts, ich musste mich auf den Weg machen. Also los. Allerdings gestaltete sich schon die Ausfahrt aus Lübbenau schwierig, denn überall wurde gebaut und gebuddelt, was viele Umwegen zur Folge hatte, bei denen auch das kleine rote Teufelchen durcheinander kam. 

 

Daher wieder ein Hoch auf die App. Was hätte ich nur ohne sie gemacht, zumal die markierte Route mit dem Roten Teufelchen teilweise von der eingezeichneten Route in der App abwich. Aber alles gemeistert. Und, wie schon befürchtet, verlief der Weg lange lange in der Sonne und auf einer Straße. Nach über 18 km wurde ich aber dafür belohnt. Es folgte ein wunderschöner Weg unter Bäumen entlang an Seen und Feldern, durch den Naturpark Niederlausitzer Landrücken. Dann aber kam der Schock. Plötzlich war der Weg durch das Bergbauamt gesperrt. Es war

das Gebiet es ehemaligen Tagebaus Schlabendorf Süd. Tja, was nun. Die lange Strecke zurückfahren. Nein, in der Hitze wollte ich nicht mehr umkehren und hoffte einfach auf mein Glück. Ein paar Kilometer zuvor war mir nämlich schon das Gleiche passiert. Dort kehrte ich brav um und suchte mir einen anderen Weg. Jetzt 


war der Weg, ein traumhafter Weg durch fast schon herbstliches hohes Gebüsch, mit Reisig oder Sand quer über den Weg verbarrikadiert, aber Spuren zeigten an, dass schon etliche Radfahrer dort gefahren sein mußten. Ich hatte zwar ein ziemlich gemischtes Gefühl dabei, aber alles ging gut und ich erreichte kurz darauf Fürstlich Drehna, ein Wasserschloss mittelalterlichen Ursprungs, heute Hotel. Eigentlich wollte ich in der nahen Gaststätte Mittag machen, aber die öffnete erst am Abend. Pech, denn ich hatte inzwischen fast nichts mehr zu Trinken und meine Kehle war total ausgetrocknet. Obwohl ich durch meine vielen Wüstentouren gelernt habe, wie man bei Hitze trinkt, nämlich immer nur Schlückchenweise aber regelmäßig, und diese Schlückchen dann so lange wie möglich im Mund behalten. Aber irgendwann geht auch bei großer Anstrengung trotz Disziplin in dieser Hitze das Wasser aus. Und so war ich ganz ganz nahe dran, irgendwo zu klingeln, und um Wasser zu bitten. Die paar Häuser, an denen ich unterwegs vorbei fuhr, hatten jedoch alle die Rollläden unten und niemand schien zuhause zu sein. 

 Kein Mensch war auf der Straße. Und noch dazu galt es jetzt die erste große und lange Steigung in praller Sonne anzugehen. Ich überquerte den Niederlausitzer Landrücken. Kein Wölkchen, kein Baum. 


Es war eine elende Strapaze. Oben angekommen, legte ich mich erst einmal platt auf den Boden, um mich etwas auszuruhen. Meine Gedanken drehten sich nur noch um das Trinken. Erst etliche Kilometer später nahte Rettung in der Stadt Calau, wo ich auf dem Marktplatz eine Eisdiele fand. Nachdem ich getrunken und getrunken, meinen  Wasservorrat aufgefüllt und einen Eisbecher gegessen hatte, sah die Welt wieder ganz anders aus. Das war auch nötig, denn hier in der Calauer Schweiz nahte die zweite lange Steigung. Verflixt, musste denn das sein. Aber was half's, also wieder abgequält. Ich schätze 15 Grad weniger heiß, und alles wäre kein Problem. Geholfen hat mir der Gedanke, dass, wenn es hoch geht, es auch irgendwann mal auch wieder runter geht. Und tatsächlich, nach dem 2. Anstieg ging es bald fast 5 km immer wieder ganz leicht bergab. Das war eine Erholung, noch dazu im Wald. Die restlichen 15 km Kilometer in der Sonne bis zu meiner Pension Elana in Großräschen waren danach nicht mehr so dramatisch. Gereicht hat es allemal. Ist schon ein Wahnsinn, bei einer derartigen Hitze (nachmittags 38 Grad) solche Tour zu machen. In dem der Pension angeschlossenem Restaurant ganz lecker gegessen und getrunken und getrunken. Die Bedienung schüttelte nur den Kopf, als ich von der Tour an dem Tag erzählte. Unterwegs hatte ich knapp 5 Liter getrunken, am Abend noch einmal über 2 ltr., dann war das Durstgefühl endlich verschwunden und ich ging bald ins Bett. Für diesen Tag hatte es gereicht. 

 

 

4. Radtag: Sa., 04.08.18: Großräschen - Klettwitz - Besucherkraftwerk F60 Lichterfeld - Plessa (74 km)

Allein der Blick auf die Wettervorhersage ließ mich schon schwitzen. Wieder waren 38 Grad vorhergesagt. Und das nach einer unruhigen Nacht. Meine Pension gehörte zu einem Irischem Pub, wo sie bis 0:30 Uhr vor der Türe saßen und sich unterhielten. Genau unter meinem Fenster, welches ich natürlich sperrangelweit auf hatte. Aber das Frühstück war gut, die Leute nett, und wie gewohnt war ich um neun Uhr abfahrbereit. Den Schlüssel für das Pub und mein Zimmer bekam ich gleich mit, denn am übernächsten Tag würde ich hier wieder übernachten, und das Pub hatte an diesem Tag geschlossen. Damit wäre also auch schon die nächtliche Ruhe sichergestellt. Sehr beruhigend.

 

Schnell fand ich meinen Weg, und los ging es in den bereits bullig heißen Tag. Aber es war eine wunderschöne Streckenführung. Wie gewohnt fuhr ich mutterseelenallein und von Vogelgezwitscher begleitet auf tollen Radwegen durch Felder und Wälder. Unter mir raschelte und knackte es ständig, wenn die Räder über die trockenen herabgefallenen Eicheln fuhren, und hin und wieder ertönte der Warnruf eines Vogels. Idylle pur. Die wenigen Ortschaften durch die ich kam, sahen alle gleich aus.  Rechts und links der einzigen Straße 


gleichaussehende Häuser, dazwischen eine kleine Wiese, und an der Kopfseite eine kleine Kirche. Alles menschenleer und die Häuser mit herabgelassenen Rollläden, die kleinen Bächlein ausgetrocknet. Egal welche Tageszeit es war, alles wirkte immer wie ausgestorben. Ab Klettwitz wollte ich mich entscheiden, ob ich zum Besucherkraftwerk Lichterfeld fahre oder nicht. Immerhin ein Umweg von fast 27 km. Aber nachdem es bis zu diesem immer leicht bergauf ging, und ich die selbe Strecke wieder zurück musste, und damit sehr wahrscheinlich immer leicht bergab fahren würde, war es entschieden. Das Besucherbergwerk F60, eine Förderbrücke vom Typ F 60, war damals die größte technische Anlage der Welt und ist Zeuge großer Bergbautechnik des vorigen Jahrhunderts. Erbaut von 1989 - 1991 war sie jedoch nur knapp 16 Monate in Betrieb. Die Wende hatte ihr das Aus gebracht. Sehr gerne hätte ich eine Führung mitgemacht, aber die dauerte zwei Stunden plus Wartezeit. Zu lange für mich, schließlich hatte ich noch etliche Kilometer vor mir. Daher nur ein staunender Blick auf die Anlage, in der ehemaligen Kantine eine Linsensuppe + Würstchen gegessen und viel getrunken. Dann, nachdem auch die Wasservorräte aufgefüllt waren, ging es die 13 km wieder zurück bis zur Ausgangsposition in Klettwitz, und damit auf die Hauptroute. 

Ab hier fuhr ich fast nur auf Straßen, auf der sich aber der Autoverkehr in Grenzen hielt. Nur ganz vereinzelt kam eines. Allerdings gab es etliche längere Steigungen die es in sich hatten, zumindest bei der Hitze. Während ich wieder einmal eine hinauf ächzte, verdunkelte sich plötzlich der Himmel, es wurde kühler, und ein paar Regentropfen fielen herab. Aber genau da fand ich eine Schutzhütte, wo ich mich unterstellen konnte. Der ganze Spuk dauerte nicht lange, und unter fernem Gewittergrollen fuhr ich wenig später weiter. Meine Wasservorräte waren jedoch schon wieder zur Neige gegangen und so machte ich später am Campingplatz am Grünewalder Lauch, einem großen See, der durch Auffüllung des Restlochs 117 des ehemaligen Tagebaus Plessa - Lauch entstanden ist, noch eine Pause. Einen Eisbecher später rollte ich weiter. Doch bald darauf hieß es extrem aufpassen. Der leicht gewölbte Weg war kilometerlang mit frischem Schotter beschüttet worden. Wie leicht kann man da hinfallen. Und genau das tat ich. Nach fünf 


Kilometern rutschte mein Hinterrad doch noch weg und ich stürzte. Außer ein paar Schürfwunden an Knie und Bein hatte ich glücklicherweise keine Verletzungen davon bekommen. Auch das Rad blieb heil. Erst am nächsten Tag sah ich die großen Blutergüsse an den Oberschenkeln. Nun ja, das kann passieren. Immerhin kam zum ersten Mal auch mein Erste-Hilfe-Set zum Einsatz. In Plessa, meinem Tagesziel, angekommen, fuhr ich zu meiner gebuchten Pension Landhaus Plessa. Niemand da. Angegebene Handy Nummer angerufen, den Wirt in seinem Urlaub in Griechenland erreicht, der seine Eltern in Plessa angerufen, die mich empfangen, mir ein Zimmer gegeben und gesagt, dass sie Betriebsurlaub hätten. Als ich buchte, war davon noch keine Rede. Aber alles war o.k., die Leute waren sehr flexibel und nett. Allerdings war auch das angeschlossene Restaurant zu und das nächste erst in einiger Entfernung. Ach nein, ich war von der extremen Hitze, wieder den ganzen Tag 37 - 38 Grad,  der Entfernung und den Steigungen geschafft, so dass ich darauf verzichtete. Einfach ein paar Kekse gegessen und bald darauf ins Bett. Trotz der Extremhitze war es aber doch wieder ein traumhafter Tag gewesen. 

 

 

5. Radtag: So., 05.08.18: Plessa - Elstermühle Plessa - Senftenberger See - Großräschen (73 km)

Mein Gott, war das erfrischend. Nachts hatte es geregnet und die Temperatur fiel daraufhin auf "nur" 24 Grad. Wenn man die ganzen Tage immer mit 35 - 38 Grad gelebt hat, dann ist das schon etwas, nämlich wunderbar erfrischend, wenn nicht sogar fast "kalt". Nach einem etwas mageren Frühstück um neun Uhr los. Die Route ging quasi an meiner Unterkunft vorbei, so dass ich nicht lange suchen musste. Allerdings musste ich dabei meine App heranziehen, da sich das kleine rote Teufelchen versteckt hatte. Nirgends ein Hinweisschild mit ihm. Aber verstecken scheint sowieso die Leidenschaft des kleinen Teufels zu sein, weshalb er auch als Maskottchen für diese Niederlausitzer Bergbautour ausgewählt wurde. Der Sage nach hat er nämlich die Kohle tief in der Erde versteckt, damit keiner sie findet, aber die Lausitzer haben sie halt doch gefunden! 

Anders als die Tage vorher ging es morgens bei relativ kühler Luft immer an der Schwarzen Elster entlang. Mal auf dem Damm, mal daneben, auf jeden Fall immer unter herrlichen großen und imposanten Laubdächern von Baumalleen hindurch. Ich natürlich wieder ganz alleine. Meistens auf einer Seite von Raps- und Getreidefeldern begleitet, auf der anderen Seite floß gemächlich das dunkle Flüsschen. Die ersten acht Kilometer war reinster Schotterweg, dann aber kamen fast nur geteerte Wege. Zwischendrin sah ich die Elstermühle Plessa, bei der sich schon vor 600 Jahren das Mühlrad drehte. Kurz nach 11 Uhr Rast an einer Tankstelle in Schwarzheide. Ich füllte meine Wasserflaschen auf und aß -  na - natürlich ein Eis. Kurz danach, in der Nähe von Brieske Dorf, es war immer noch ein phantastischer Weg, kam ich plötzlich mit der Wegbeschreibung nicht mehr klar. Laut Karte sollte ich ein Bahngleis überqueren, landete aber auf einem winzigen schlechten und überwachsenen Feldweg. Links daneben verlief das Eisenbahngleis. Ich fuhr hin und her, denn auf der anderen Seite der Gleise sah ich meinen Weg, aber ich fand keinen Übergang. Früher muss es dort mal einen gegeben haben, wie Spuren verrieten, aber nun nicht mehr. Was also tun. Schließlich schnappte ich mir das Rad mit Gepäck, hiefte es die Böschung runter, über das Gleis hinweg und wieder die Böschung hoch. Nach diesem Kraftakt fuhr ich, wie in der Karte beschrieben, auf der anderen Seite wieder zurück, und siehe da, zirka 300 m weiter war doch ein Übergang. Kompliziert zwar und ganz neu, aber immerhin. Das ist der Nachteil alter Karten. Immerhin war meine über 14 Jahre alt, denn eine andere gab es ja nicht. 

 

Inzwischen war Gegenwind aufgekommen, der immer stärker wurde. Aber da bog ich auch schon auf die autolose Uferstraße des Senftenberger Sees ein. Von den insgesamt 13 km Seeumfang sind 7 km als Badestrand ausgewiesen. Und weil Sonntag war, und zugleich ein herrliches Badewetter, nicht so heiß wie an den anderen Tagen, herrschte ein Gewusel aus Radfahrern, Badegästen, Kindern, Dreirädern, Skatebordern, Rollatoren, Hunden und Sonstigem. Mit Schnellfahren war nichts. War aber ja auch nicht nötig. Der Senftenberger See entstand übrigens von 1967 - 1972 durch die Flutung des ehemaligen Braunkohle-Tagebaus Niemtsch mittels der Schwarzen Elster. Etwas abseits der größten Badestrände blieb ich einmal stehen, um auf meiner App etwas zu suchen, und schon kam ein Radfahrer auf mich zu und fragte, ob ich Hilfe benötigte. Das brauchte ich zwar nicht, aber ein kurzer Plausch ist immer nett. Derartige Szenen erlebe ich öfters. Generell kann ich sagen, dass die meisten Menschen gerne irgendwie helfen würden. Bei einer alleine fahrenden Radlerin trauen sie sich wahrscheinlich auch eher zu fragen und ihre Hilfe anzubieten.

 

Trotz langsam fahren und vielen Pausen war ich schon um 16 Uhr in Großräschen bei meinem Irisch Pub, welcher am Sonntag Ruhetag hatte. Ich aber war ja im Besitz eines Schlüssels. Also das Hoftor aufgesperrt, Rad weggestellt, durch das leere Haus getigert und in mein Zimmer gegangen. Kurz hingelegt, dann die Radsachen gewaschen, um etwas später gleich in der Nähe in einer Pizzeria zu Abend gegessen. Die Pizza war lecker, das Schwarzbier schmeckte gut - und somit wurde es ein angenehmer Abend. Zurück im Pub meine "Korrespondenz" erledigt, meine blauen Flecken und Mückenstiche gehätschelt, dann bald ins Bett. Auch nach dem 5. Radtag konnte ich immer noch mit guten Gewissen sagen, dass dies eine wunderbare Radtour mit toller Streckenführung ist. 

 

 

6. Radtag: Mo., 06.08.18: Großräschen - Rekultivierter Tagebau Welzow-Süd - Bernsteinsee - Hoyerswerda (75 km)

Herrlich bei sperrangelweit geöffnetem Fenster geschlafen. Kein Lärm, keine Ruhestörung - nichts. Dafür eine angenehme Temperatur, da es nachts  gut abgekühlt hatte. Wenn das keine guten Voraussetzungen für den heutigen Tag waren. Laut Karte erwartete mich eine Strecke gespickt mit landschaftlichen Kontrasten wie Wälder, Felder, Seen, Heide und rekultivierte Tagebauflächen. Und, wie sich herausstellte, Sonne, Wind, meist ebene Strecken, ein paar wenige Anhöhen und Temperaturen von "nur" 34 Grad. Voller Vorfreude fuhr ich daher schon vor neun Uhr los.

Kurz nach dem Start ging es bei kühlen 20 Grad und etwas Gegenwind auf einem tollen Radweg durch schattigen Wald. Die dort vorherrschende Morgenstimmung war wunderschön. Alles war still. Nur das Knacken trockener Äste und hin und wieder etwas Vogelgezwitscher waren zu hören. Den Abstecher an den Altdöbernen See hatte ich mir gespart, da sonst die Tagesetappe bei der Hitze zu 


lang werden würde. Ich war ja bereits 2013 während meiner Fürst-Pückler-Tour dort und hatte in Pritzen übernachtet. Jetzt würde der See wahrscheinlich ganz gefüllt sein. Es war damals zwar eine extrem schöne Strecke, aber man muss auch vernünftig sein, 75 km bei der Hitze reichten auch. Wie anstrengend es sein kann, merkte ich später bei der langen Steigung in den Steinitzer Alpen mit 8 % Gefälle. Kurz davor war ich an einem Hinweis zur Steinitzer Treppe vorbei gekommen.  

Das ist eine 2012 errichtete  Aussichtsplattform in 171 m über NN in den Steinitzer Alpen. Von hier aus soll der Blick auf den aktiven Tagebau Welzow-Süd und auf die bereits rekultivierten Flächen des Tagebaus Welzow-Süd grandios sein. Leider war gerade an diesem Tag Ruhetag. Sehr schade. Hätte mich interessiert.


Kurz darauf überquerte ich schon die noch relativ Baumlose rekultivierte Hochfläche selbst, die inzwischen für Vögel ein Paradies sein soll. Diese riesige, schier endlose erscheinende Hochfläche, wird von einer großen und bislang noch fast Autofreien und Menschenleere Straße durchquert. Das sieht alles tief beeindruckend aus. Wenn man aber bedenkt, dass nur für diesen Tagebau Welzow bereits 17 Dörfer abgebaggert wurden, bekommt das Ganze ein anderes Gesicht. Insgesamt mussten dem Braunkohe-Tagebau in der Lausitz bis jetzt 136 Orte weichen und mehr als 25 000 Menschen verloren ihre Heimat. Auf der anderen Seite erhielten sie dadurch ihre Arbeitsplätze. 

Es gibt eben immer zwei Seiten. Es ging weiter in die Spreestadt Spremberg, wo ich Mittagspause machte. Unterwegs sah ich kaum Menschen, und selbst in der Stadt waren nur Einige unterwegs. Wo waren die denn alle? 


Nach etwa einer Stunde machte ich mich erneut auf den Weg. Es ging auf genauso schönem Weg weiter wie vor der Pause. Durch eine Heide- und Kieferlandschaft. Und die Temperatur war auch auf angenehme 30 Grad gesunken. Im Vergleich zu den anderen Tagen vorher war dies geradezu eine ideale Temperatur zum Radeln, und machte Lust auf das, was es so in der Umgebung alles zu sehen gab. So z.B. der Bernsteinsee, ein See, der durch den Tagebaurestsee Burghammer ab 1996 enstanden ist. Heute glitzert er in der Sonne und lässt vergessen, dass auch durch ihn Dörfer verschwunden sind. Der Tagebau in Burghammer fand von 1963 - 1973 statt. Nach genügend Bewunderung des Sees und Besichtigung der Kirche von Burghammer, immer im Schatten weiter. Vorbei am Scheibe-See, auch ein Tagebau geflutetes Restloch, erreichte ich den Stadtrand von Hoyerswerda. Zuerst fuhr ich mitten durch die Neustadt mit all ihren vielen absolut gleichaussehenden und gesichtslosen Miets-Hochhäusern. Dann lotste mich mein Navi quer durch die Stadt zu meiner Pension Café Pinguin in der Altstadt. Rad untergestellt, Zimmer bezogen, frisch gemacht, gewaschen, und dann im angrenzenden Lokal zu Abend gegessen. Halt so das Übliche. Gestört hatte mich nur das Zimmer, welches ebenerdig lag, und ich das Fenster daher nur kippen konnte. Außerdem gab es viele Mücken. Oh je, das konnte ja eine Nacht werden. 

 

 

7. Radtag: Di., 07.08.18: Hoyerswerda - Energiefabrik Knappenrode - Fachwerkkirche Spreewitz - Bühlow (65 km)

An diesem Morgen musste mich der Wecker wach klingeln, denn ich hatte überhaupt keine Lust aufzustehen. Ich mochte einfach nicht mehr in die Hitze raus, da wieder über 36 Grad angesagt waren. Aber was half's, es ging ja nicht anders. Nachdem ich mir also selbst gut zugeredet hatte, und nach einem guten Frühstück, trat ich eben wieder brav in die Pedale. Meine Pension lag ganz in der Nähe des Marktplatzes in der schönen Altstadt, der um neun Uhr morgens noch ganz verlassen dalag. Bei der Suche nach dem Weiter, fiel mir auf, dass, wie bei allen größeren Städten, die Tour-Beschilderung mit der eingezeichneten Route auf meiner App nicht übereinstimmte. Ich hielt mich daher lieber immer an meine App, da ich damit auch immer die Straßen wo ich mich befand, einsehen konnte. So kam ich auch zum Bahnhof, der leider nur per Treppen zu unterqueren war. Also mein Rad die Treppen runter und wieder hochgehievt, um auf der anderen Seite die Fahrt fortzusetzen.

Der Weg war sehr schön, nur, um nach etwas über 5 km wegen einer riesigen Umleitung auf einen im wahrsten Sinne des Wortes "Staubweg" zu führen. Ja, das war richtiges Kohlepulver, auf dem ich nun fuhr. Das Rad schlingerte ständig hin und her, und ich war hinterher völlig mit feinem grauen Staub  bedeckt. Ende Oktober sollte der Ausbau der Kreisstraße beendet sein. Das nützte mir nur nichts mehr. Kurz darauf eine Ortschaft mit rechts und links lauter absolut gleichaussehender Häuser. 


Eine Bergwerksiedlung. Und bald darauf sah ich auch schon die Tore der einstigen Brikettfabrik, der Energiefabrik Knappenrode. Heute ist sie ein wirklich sehenswertes Industriemuseum und zugleich Kulturgut. Allein schon die Außenanlage ist bemerkenswert, der Blick in Maschinenhalle 


noch mehr. Hier wurden die Briketts bei Staub und Lärm gepresst. Den Staub meint man heute noch überall zu riechen und zu spüren. Sogar die Schichtsirene heult noch dreimal am Tag auf. Wie immer fehlte jedoch die Zeit, um ausführlich alles anzuschauen, oder gar das Gelände zu erkunden, was mindestens einen guten halben Tag extra bedeuten würde. Erschüttert hatte mich aber die dortige Ausstellung, in der Tonbandaufnahmen zu hören waren, in denen Bewohner aus den umgesiedelten Dörfern von der Umsiedlung und Abbaggerung ihrer Heimatdörfer berichteten. Die berühmte Medaille mit ihren zwei Seiten. 

Nach knapp zwei Stunden weiter. Inzwischen herrschten wieder 36 Grad im Schatten, meine Kehle war ausgedörrt und ich fuhr in 


praller Sonne und etliche Steigungen hoch. Vorbei an mehreren Seen mit einladenden Badestränden, und wieder entlang der Spree. Ab Burg am Bernsteinsee dann endlich wieder Schatten. Schnell unterwegs ein Eis gegessen, Pause gemacht und weiter. Ein paar Kilometer später, und über einen kleinen Umweg, bewunderte ich die Denkmal geschützte Fachwerkkirche in Spreewitz. Ein echtes Kleinod, innen wie außen. Ab dort radelte ich auf einem traumhaft schönen Weg im Wald, immer an der Spree entlang, bis nach Spremberg. Dreimal hörte ich es während der Fahrt kurz rascheln und ein Reh sprang über den Weg. Näher läßt sich Natur kaum erleben. Auf dem Marktplatz von Spremberg etwas getrunken, wobei ich eine seltsame Erfahrung machte. In einem Restaurant schickte man mich wieder weg, da laut Aussage, hier erst ab 16 Uhr bedient werden durfte. Ich durfte mich nicht einmal hinsetzen. Es waren nur ein par Minuten vor 16 Uhr. Seltsam. Jedenfalls ging ich danach den letzten Teil meiner Tagesetappe an. Ein gut markierter Weg führte mich auf Waldwegen bis direkt zu meiner Pension "Am Storchennest" in Bülow

 

Der Wirt konnte sich zwar nicht mehr erinnern, dass ich eine Übernachtung gebucht hatte, aber alles war kein Problem. Trotz Betriebsferien erhielt ich ein Zimmer und mein Rad durfte direkt in der Gasstätte übernachten. Und obwohl Betriebsferien waren, machte er mir ein riesengroßes und leckeres Bauernfrühstück. Satt und zufrieden sank ich daher später in mein Bett. Glücklich ob des wiederum schönen Tag.

 

 

8. Radtag: Mi., 08.08.18: Bülow - Kirche in Hornow - Glaspyramide in Döbern - Affengehege in Jocksdorf - Forst (56 km)

Es sollte der heißeste Tag der ganzen Tour werden mit unvorstellbaren 39 Grad im Schatten. In der Sonne waren es locker 43 bis 45 Grad. Gottseidank wurde die Strecke nicht so lang wie die Tage vorher, so dass ich viele Pausen machen konnte. Außerdem gab es etliche Sehenswürdigkeiten unterwegs, die mir immer wieder einen Grund boten, die Fahrt zu unterbrechen. Von Steigungen blieb ich aber auch an diesem Tag nicht verschont, die bei der Gluthitze teilweise nur zu Fuß zu meistern waren. Einen Hitzschlag wollte ich nun doch nicht riskieren. Hinzu kam, dass ich den größten Teil des Weges in der prallen Sonne fahren mußte. Ganz selten ging es in den Schatten oder durch Wald. Aber, ich habe alles gemeistert. Und es hat sogar Spass gemacht. Wie gut,

dass ich trotz der schwülen Tropen-nacht sehr gut geschlafen hatte und das Frühstück  


hervorragend war. Der Wirt überbot sich geradezu und erfüllte mir jeden Wunsch für das Frühstück. Derart gestärkt nahm ich allen Mut zusammen, um die gleich zu Beginn knapp zwei Kilometer lange Steigung in Angriff zu nehmen. Inzwischen waren es schon 32 Grad und meine Beine wollten noch gar nicht so kräftig in die Pedale treten. Dabei hatte mir der Wirt sogar einen Tipp gegeben, wie ich die heftigste Steigung umfahren konnte. Der Umweg war zwar etwas länger, aber eben noch befahrbar. Nach etwa 10 km dann endlich etwas Schatten, aber es ging immer wieder rauf und runter.  Von Weitem sah ich etwas später einen Turm, von dem ich zuerst dachte, er gehöre zu einer Burg. Neugierig geworden fuhr ich dort hin und stand vor einer Kirche. Der Dorfkirche St. Marien von Hornow aus dem 13. Jh. Erbaut aus einem Mischbauwerk aus Feldstein und Backstein. Als ich außen um sie herum ging begegnete mir der "Gutsherr aus früherer Zeit" in Uniform persönlich. Ein nettes Gespräch mit seiner "Hochwohlgeboren", dann musste er weiter zur Probe einer Aufführung mit historischen Kostümen.  

 

Der kleine rote Teufel schickte mich danach im Zick Zack und immer wieder hoch und runter durch die Gegend. Ich fand das richtig gemein. Er sollte doch froh sein, dass überhaupt jemand auf seinem Weg fuhr. Nach wie vor sah ich keine anderen Radler. Meine Beine wurden immer müder, besonders auch, da inzwischen ein heftiger heißer Gegenwind aufgekommen war. Es war heute eine echte Strapaze. Daher war ich froh, als ich Döbern erreichte. Dort ließ ich mich trotzdem von Wegweisern zu der Glaspyramide von Döbern verleiten, in welcher sich ein Kaufhaus für Glas und Geschenke befindet. Ich schaute es mir aber nur von außen an und bin lieber in der Nähe in einen Imbiss gegangen. Dort erstmal getrunken und getrunken und meine Wasserflaschen aufgefüllt, dann mein obligatorisches Eis gegessen. Die Bedienung war sehr sehr nett, und im Gespräch empfahl sie mir, meine Routenplanung abzuändern. Die vorgegebene Route würde ab jetzt überwiegend nur auf Landstraße verlaufen, wo extrem viele Auto fahren würden. Sie sagte das so eindringlich, dass ich mich daraufhin entschloss, ihren Rat zu beherzigen. Ich würde einen anderen Radweg nehmen, der auch nach Forst führte, den Fürst-Pückler-Radweg. 

 

Es war eine sehr gute Entscheidung, denn von nun an fuhr ich nur auf guten Radwegen, fast ohne Steigungen und natürlich ganz ohne Autos, allerdings häufig in der Sonne. Und der Weg war sogar 10 km kürzer. Das passte gerade richtig bei der Gluthitze. Nach einer Weile kam ich an einem kleinen Zoo vorbei, dem Affengehege von Jocksdorf. Ein ganz kleiner Privatzoo mit Emus, Weißbüffeläffchen, Goldkopflöwen-Äffchen, Schildkröten, Lamas, Kängurus etc.. Ein mit Liebe geführter Zoo. Eine gute Stunde später schnappte ich mir wieder mein Rad und setzte meinen Weg fort. Wie immer ganz alleine durch Felder, Wiesen und Auen und nur durch eine kleine Ortschaft, die natürlich Menschenleer war. Zwölf Kilometer später erreichte ich Forst, mein Tagesziel. Auch hier eine große Baustelle, die mir das Auffinden meiner gebuchten Pension Gasthof Grüner Baum, die genau innerhalb dieser Baustelle lag, etwas  schwierig machte. Aber schließlich fand ich sie doch. Sie lag in einem etwas heruntergekommenen großen Wohnblock aus der Zeit noch vor dem Krieg. Die Pension "Gasthof Grüner Baum", selbst befand sich in einer großen Etagenwohnung, wo das Bad und die davon getrennte Toilette nur über den Flur zu erreichen waren. Wenn ich also dahin wollte, musste ich über den Flur laufen. Wie bitte geht das ohne Badelaken? Radfahrer haben sowas normalerweise nicht mit. Aber ich hatte Glück, niemand kam mehr, und so hatte ich den Flur für mich alleine. Obwohl die Tagesetappe heute etwas kürzer war als die der vorausgegangen Tage, dafür aber noch heißer, war ich geschafft und hatte keine Lust noch weg zu gehen. Also ein paar Kekse als Abendbrot gegessenen, gewaschen etc., und bald darauf ins Bett. 

 

 

9. Radtag: Do., 09.08.18: Forst - Erlebnispark Teichland - Cottbus ( 69 km)

Kaum zu glauben, heute war schon der letzte große Radtag meiner Tour. Obwohl, irgendwie reichte es mir aber auch, diese Gluthitze. Jeden Tag hatte es 34 bis sogar 39 Grad. Und das im Schatten, ich fuhr aber auch häufig in der prallen Sonne. Da musste man schon noch etliche Grade draufpacken. Und öfters hieß es sogar gegen einen heißen starken Gegenwind anzukämpfen. Natürlich war das alles ganz schön anstrengend, und dennoch hatte ich es wirklich gut gepackt. Selbstverständlich war ich unterwegs manchmal geschafft, besonders nach einem der vielen kleinen und größeren Anstiege, aber dass ich nicht mehr hätte weiter können, das gab es nie. Nach kurzen Pausen machte ich mich stets wieder mit neuer Kraft auf den Weg. Wie auch an diesem Tag.

Wie immer um neun Uhr nach einem überraschend exzellenten Frühstück los und gleich auf den ganz nah am Haus vorbei laufenden Oder-Neiße-Radweg, auf dem ich 2016 schon fuhr. Aber diesmal nutzte ich ihn nur knapp zwanzig Kilometer, um danach wieder auf meinen kleinen roten Teufelweg abzubiegen. Es war schön so oben auf dem Damm zwischen Deutschland und Polen zu fahren. Die weiten Überschwemmungsflächen links und rechts des Dammes und daneben die ruhig dahin fließende Neiße. Allerdings war es schon ziemlich heiß, aber oben auf dem Damm brachte der Fahrtwind etwas Kühlung.

 

Es war ganz still, nur einzeln hörte ich Vögel zwitschern. Und was ich auch wunderbar fand, war, dass in Abständen immer wieder Sitzbänke standen. So etwas hatte ich die ganzen Tage stark vermisst. Wie gerne hätte ich mich dort irgendwo mal hingesetzt, aber ganz ganz selten gab es etwas derartiges. Nur dreimal sah ich eine Bank oder einen passenden Baumstamm etc.. Auf diesem Teilstück des O-N-R kamen mir auch etliche Tourenradler mit Gepäck entgegen. Auffallend war, dass, wenn sie zu zweit oder mehreren fuhren, sie meistens ein mürrisches Gesicht machten. Einzelfahrer hingegen grüßten und lachten. Was sagt uns das?


Genau an der Abzweigung, wo ich vom O-N-R wieder auf den Weg des kleinen roten Teufelchens stieß, stank es plötzlich fürchterlich. Hatte das kleine radelnde Teufelchen etwa....... . Nein, ich fuhr an einem großen Betrieb mit Massentierhaltung vorbei. Und da stank es einfach bestialisch. Kaum hatte ich mich von dem Gestank etwas erholt, wusste ich im ersten Moment nicht mehr weiter. Ich war total verwirrt. In Taubendorf gab es eine neue große breite Straße, die in meiner alten Karte noch gar nicht verzeichnet war. Hilfe, wo war mein Weg geblieben. Nach kurzer Beratung mit meiner App ging es aber weiter. Munter radelte ich nun auf einem herrlichem Radweg, und später weiter durch Wald oder auf Straßen mit Bäumen. Alle Wege befanden sich in hervorragendem Zustand und die Beschilderung war bis auf winzige Ausnahmen sehr gut. Von Steigungen blieb ich bis dahin verschont. Erst im Muskauer Faltenbogen, auf der Bärenbrücker Höhe, hinauf zum Erlebnispark Teichland, kamen sie doch, und das bei inzwischen 36 Grad und ziemlich steil. Das war heftig. Daher danach erstmal Mittagspause gemacht und mich erholt. Nach gut einer Stunde ging es weiter. Mal auf Radwegen, mal aber auch auf einer wenig befahrenen Straße. Dabei konnte ich in der Ferne eine lange Zeit  


die rauchenden Schlote des Kraftwerkes Jänschwalde sehen, dem bekannten Braunkohle-Krakftwerk. Später kam eine längere Strecke direkt neben der Straße, leider meist in der prallen Sonne, aber schön. Nach insgesamt 7,5 Stunden schließlich die Einfahrt in Cottbus, meinem Tagesziel und dem Ende meiner Radtour 2018. Ohne größeren Unfall, ohne Panne. Wunderbar. Zum Schluss noch etwas in Cottbus rumgefahren, dann zum Altstadthotel "Am Theater", wo ich bereits ganz am Anfang meiner Tour übernachtete. Dort wurde ich wie eine alte Bekannte herzlichst begrüßt und bekam auch gleich wieder eine Flasche Selters. Sie erinnerten sich wohl noch gut an meinen Auftritt am allerersten Tag, wo ich stimmlos und völlig kaputt ankam. Schnell geduscht und bald darauf zum Essen gegangen. Diesmal wurde es eine knusprige Ente nach chinesischer Art. Und, da es noch nicht so spät war, machte ich noch einen Spaziergang rund um das Cottbuser Theater mit Park, und lief dann erst zurück ins Hotel. Im Zimmer herrschte eine unsägliche Hitze, was auch durch das Fenster öffnen nicht besser wurde. Es gab zwar einen Ventilator, aber der brachte nichts. Blieb nur zu hoffen, dass es nachts etwas abkühlte. Und mit dieser Hoffnung legte ich mich Schlafen. 

 

 

Fr., 10.08.18: Radloser Tag in Cottbus 

Gottseidank hatte sich mein Wunsch hinsichtlich eines Abkühleffektes in der Nacht etwas erfüllt. Allerdings wachte ich immer wieder durch ein fürchterliches Schnarchen auf. Da alle Gäste mit Fenster zum Innenhof  ihre Fenster sperrangelweit geöffnet hatten, hörte man alle Geräusche. Nun denn, dagegen konnte man nichts machen. Ich hatte mich an diesem Tag mit einer Freundin, die extra dafür nach Cottbus kam, verabredet. Zusammen liefen wir durch die Stadt, aßen auf dem Marktplatz zu Mittag und genossen es, uns mal wieder zu sehen. Leider musste sie sich nach sechs Stunden wieder auf ihren 2-stündigen Weg nach Hause machen. Ich hingegen bummelte weiter durch die Straßen, aß später zu Nacht und ging dann zurück ins Hotel. 


 

Sa., 11.08.18: Noch ein Tag in Cottbus ohne Rad

Da ich für diesen Tag keine Rückfahrtmöglichkeit mehr bekommen hatte, es waren keine Stellplätze für mein Rad, sowohl im IC als auch im nightjet, mehr frei, musste ich noch einen Tag länger bleiben. Ursprünglich hatte ich noch eine Tagestour mit dem Rad geplant, entschied mich aber dann für noch einen Tag in Cottbus selber. So schnell kam ich hier sicherlich nicht mehr hier her. Und es wurde ein schöner Tag. Ich besuchte eine Ausstellung im Kunstmuseum, dem bekannten Dieselkraftwerk Cottbus, und am Nachmittag noch das Stadtmuseum Cottbus, welches ich erst nach knapp drei Stunden wieder verließ, so interessant fand ich es. Was den Tag aber außerdem noch so schön machte, war, dass es den ganzen Tag nicht mehr so heiß war. Am frühen Abend dann  zurück im Hotel.

 

 

So., 12.08.18: Heimfahrt über Berlin, Hannover und Basel mit Radtour durch Berlin (27 km)

Ja, heute war tatsächlich der Tag der Heimfahrt gekommen. Er dauerte allerdings wieder endlose 17,5 Stunden, nach Japan waren es auch nur 17 Std.! Nach großer und liebevoller Verabschiedung im Hotel kurz nach neun Uhr mit Rad zum Bahnhof Cottbus und von dort zum Berliner Hbf. Es fing schon gut an, denn der Cottbuser Hbf war eine einzige Baustelle.


Schon einen Kilometer vorher waren die Umleitungen zu spüren. Für Fußgänger ging es ja noch einigermaßen, aber für Räder mit Gepäck war es extrem umständlich und beschwerlich. Und im Bhf selbst musste ich auf das letzte Gleis ganz hinten. Nur, dort gab es keinen Fahrstuhl. Das hieß das Rad zweimal zwei Treppen runter und wieder zweimal zwei Treppen hoch schleppen. Gottseidank hatte ich genügend Zeit eingeplant. In Berlin Hbf. angekommen fuhr ich ohne Eile durch die Stadt zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten. Gute fünf Stunden hatte ich dafür eingeplant und genoß es, so ohne Zeitdruck überall hin zu fahren. Allerdings war das schon ein krasser Unterschied zu der Ruhe, Stille und Einsamkeit während meiner Radtour und jetzt dem quirligen Berlin. 

 

Auf der Weiterfahrt abends nach Hannover war natürlich schon wieder mein reservierter Radplatz belegt. Ich verstehe die Leute nicht, das würde ich nicht machen, denn ich weiß, wie ärgerlich das ist. Jedenfalls kurzer Ärger darüber, dann einfach dieses Rad an die Seite gestellt. Und wieder war das Radabteil ganz wo anders in der Zugreihe als vorgesehen. Diese Hetze dann, im Spurt den ganzen Zug entlang zu laufen und mit letzter Kraft und in letzer Minute das Rad in den Waggon rein zu hiefen. Da bin ich immer total erledigt. Der Zug hatte eine Stunde Verspätung und war übervoll, da der Nachfolgezug ganz ausfiel, mit der Folge, dass natürlich die meisten Plätze doppelt besetzt waren. In Hannover etwas im Bahnhof gegessen, um kurz vor Mitternacht in den nightjet nach Basel einzusteigen. 

 

 

Mo., 13.08.18: Ankunft in Basel und mit Rad nach  Hause (19 km)

Natürlich konnte ich nicht schlafen, hatte aber immerhin geruht. Und erstaunlicherweise kam der Zug pünktlich um kurz nach sieben Uhr in Basel Bad Bhf an. Er hatte die eine Stunde Verspätung ganz eingefahren. Ich also schnell mein Rad ausgeladen und dann die bekannte Strecke bis zu mir nach Hause gefahren, was so frühmorgens noch kein Problem war. 19 km später heil und sicher angekommen. Und damit hatte definitiv die Radtour "Niederlausitzer Bergbautour" ein gutes Ende gefunden.